Österreich: Amazon-AGB in zehn Punkten rechtswidrig

Gegenüber Kunden mit Wohnsitz in Österreich darf der Onlinehändler Amazon Teile seiner AGB nicht mehr anwenden. Das hat das Handelsgericht in Wien nach einer Klage von Verbraucherschützern entschieden; das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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Amazon EU darf zehn Abschnitte seiner Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) gegenüber Kunden mit Wohnsitz in Österreich nicht mehr anwenden. Dies hat das Handelsgericht Wien entschieden (Az. 39 Cg 88/12b, PDF). Geklagt hatte der Verein für Konsumenteninformation (VKI) im Auftrag des Konsumentenschutzministeriums. Amazon wollte sich vor Gericht für einen Auftritt eines VKI-Juristen in den TV-Nachrichten revanchieren, hatte damit aber keinen Erfolg. Sowohl Amazon als auch der VKI können noch Rechtsmittel einlegen.

Die Firma Amazon EU hat ihren Sitz im Großherzogtum Luxemburg. "Es gilt luxemburgisches Recht unter Ausschluss des UN-Kaufrechts", heißt es in den AGB auf amazon.de und amazon.at. Zwar ist die Vereinbarung der Anwendung eines anderen Rechtssystems auch gegenüber österreichischen Verbrauchern zulässig, sie darf aber nicht zur Unterwanderung österreichischer Schutzbestimmungen führen. Falls wie hier luxemburgisches Recht vereinbart wird, so muss dieses stets mit dem österreichischen Recht verglichen werden. Für den Verbraucher gilt dabei das für ihn günstigere Ergebnis. Das verschweigen die AGB, weshalb das Gericht entschied, dass diese Bestimmung nicht mehr anzuwenden sei.

Auch dort, wo tatsächlich luxemburgisches Recht anwendbar ist, entschied das Gericht gegen Amazon. Eine Klausel, die die Datenweitergabe in "sonstigen berechtigten Fällen" an nicht exakt bezeichnete Unternehmen zu nicht genannten Zwecken vorsieht, sei unkonkret. Damit verstoße sie gegen das österreichische Konsumentenschutzgesetz (KSchG). Der Verstoß kann nach Ansicht des Gerichts auch durch eine Aufzählung der Datenempfänger nicht gefixt werden, weil die Datenverwendung weder zur Erfüllung des Vertrages erforderlich noch auf Missbrauchsprävention beschränkt ist. Und das verstoße gegen das auf Unternehmen mit Sitz in Luxemburg anwendbare luxemburgische Gesetz zum Schutz personenbezogener Daten bei der Datenverarbeitung vom 2. 8. 2002.

Amazon darf sich auch keinen Blankoscheck ausstellen lassen. "Falls Sie aktuell oder in Zukunft von Amazon.de angebotene Dienstleistungen und Services nutzen (...), gelten zusätzlich zu diesen Allgemeinen Geschäftsbedingungen diejenigen Richtlinien und Geschäfts- oder Nutzungsbedingungen, die für den jeweiligen Service Anwendung finden", hatte es das Onlinekaufhaus formuliert. Im Konfliktfall sollten die spezifischen Bestimmungen also den AGB vorgehen.Nicht machbar, meinte das Gericht: Das sei nämlich keine einfache und verständliche Mitteilung. Außerdem bleibe offen, wo diese Bestimmungen zu finden sind oder sein werden. Selbst wenn der Kunde sie findet, müsste er erst einmal die speziellen Klauseln mit den Allgemeinen Geschäftsbedingungen vergleichen. Derart schwierige juristische Abwägungen dürfen vom Kunden aber nicht verlangt werden.

Bei Arbeitnehmervertretern ist Amazon weniger beliebt.

(Bild: dpa, Uwe Zucchi/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++)

Eigene formlose Zusagen darf Amazon darf nach Urteil des Gerichts nicht für unverbindlich erklären. Der Rücktritt eines Verbrauchers vom Vertrag müsse auch gültig sein, falls er anders als schriftlich erklärt wird. Das Rücktrittsrecht dürfe nicht für Abonnements periodischer Druckschriften ausgeschlossen werden. Amazon müsse sein eigenes Rücktrittsrecht enger fassen und seine Ansprüche bei Zahlungsverzug des Kunden zurückschrauben. Auch seien bestimmte Einschränkungen bei der Aufrechnung offener Forderungen unzulässig.

Zudem seien Ausführungen über die Möglichkeit der Bestellung auf Rechnung unwirksam, weil sie dem durchschnittlichen Verbraucher kein ausreichendes Bild über seine vertragliche Situation verschafften. Schließlich soll sich der Onlinehändler urheberrechtlich zurücknehmen. Eine pauschale Übertragung aller Rechte für jegliche Inhalte, die ein Kunde auf Amazon einstelle, ist so umfassend ausgefallen, "dass die Reichweite der gegebenen Einwilligung vom Durchschnittskunden nicht erfasst werden kann."

In fünf Punkten hat Amazon seine AGB inzwischen geändert. Das half vor Gericht aber nicht, weil Amazon sich geweigert hatte, für die Zukunft auf die Wiedereinführung der alten AGB zu verzichten. Nur in einem Punkt setzte sich Amazon durch: Eine Gebühr von 1,50 Euro für die Abwicklung eines Kaufs auf Rechnung darf lauf Handelsgericht vereinbart werden. Zwar sind Zusatzgebühren für Zahlungen per Überweisung verboten. Hier werde aber keine Gebühr für die Zahlung verlangt, sondern schon im Vorfeld für den Vertrag.

Im Februar 2013 hatte der ORF in der Nachrichtensendung ZIB 2 über Arbeitsbedingungen bei Amazon berichtet. Außerdem kamen die Geschäftsbedingungen rund um eBooks und Kindle zur Sprache. In einer zehn Sekunden langen Sequenz erwähnte der Chefjurist des VKI, dass der Verein "eine Klage" gegen Amazon eingebracht habe.

Solche Nachrichtenbeiträge dürften Amazon schwer treffen. Das Unternehmen reichte bei Gericht eine Aufnahme der Sendung ein und beantragte, dass in der ZIB 2 jener Punkt des Urteils verlesen wird, in dem Amazon Recht behielt. Dieses Begehren war erfolglos. Umgekehrt darf der VKI den klagsstattgebenden Teil des Urteilsspruches in Österreichs auflagenstärkster Tageszeitung veröffentlichen. (ds)