Stammzellen sollen das Augenlicht zurückbringen

Mit embryonalen Stammzellen will eine US-Firma künftig Menschen das Augenlicht zurückbringen, die an Makuladegeneration und Netzhauterkrankungen leiden. Das Verfahren tritt noch in diesem Jahr in eine wichtige Phase einer klinischen Studie ein.

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Von
  • Susan Young

Mit embryonalen Stammzellen will eine US-Firma künftig Menschen das Augenlicht zurückbringen, die an Makuladegeneration und Netzhauterkrankungen leiden. Das Verfahren tritt noch in diesem Jahr in eine wichtige Phase einer klinischen Studie ein.

Advanced Cell Technology (ACT) hat nach eigenen Angaben die neue Therapieform mit embryonalen Stammzellen gegen Makuladegeneration fertig entwickelt. Weltweit leiden Millionen Menschen an der Krankheit, die schrittweise zur Erblindung führt.

Die Sicherheit der Technik wurde in frühen Untersuchungen bereits belegt – allerdings wurden hier noch keine detaillierten Ergebnisse veröffentlicht. Die nun geplanten Tests sollen zeigen, dass die Therapieform wirklich so gut funktioniert, wie sich ACT dies erhofft.

Behandelt werden sollen sowohl Patienten mit der Stargardt-Krankheit, einer erblichen Form der fortgeschrittenen Erblindung, die schon Kinder betrifft, als auch Menschen, die unter einer altersbedingten Makuladegeneration leiden. Letztere ist Hauptauslöser des Augenlichtverlusts bei Personen über 65.

Die Therapie basiert auf sogenannten Netzhautpigment-Epithelzellen (RPEs), die aus embryonalen Stammzellen gewonnen worden. Ein Chirurg injiziert insgesamt 150 Mikroliter davon unter die Netzhaut eines Patienten – das entspricht ungefähr der Flüssigkeitsmenge von drei Regentropfen. Die Netzhaut muss dazu angehoben werden. RPEs unterstützen die Photorezeptoren der Retina, die das auftreffende Licht detektieren und diese Signale dann an das Gehirn weiterleiten.

Bislang wurden zwar noch keine kompletten Datensätze aus den bislang durchgeführten Studien veröffentlicht, doch berichtet ACT von ersten guten Ergebnissen: Mindestens ein Betroffener, der offiziell als erblindet galt, erhielt sein Augenlicht zurück. Eine Peer-Review-Überprüfung zweier klinischer Studien in den USA und der EU steht ebenfalls an. Jede dieser Frühphasenuntersuchungen umfasste aber nur zwölf Patienten, die entweder an Makuladegeneration oder der Stargardt-Krankheit litten.

Die nun folgenden Untersuchungen sollen "Dutzende Teilnehmer" haben, sagt Eddy Anglade, klinischer Entwicklungschef von ACT. Sollte sich die Methode als wirklich effektiv erweisen, könnte die Stammzelltherapie das Augenlicht von zahllosen Patienten retten. Der Markt ist riesig: Bis 2020 soll es durch die alternde Bevölkerung in den westlichen Ländern nahezu 200 Millionen Menschen geben, die an einer Makuladegeneration leiden. Aktuell gibt es für deren Hauptform keine Therapie.

Das Verfahren von ACT war ein Zufallsfund, den die Direktorin des Bereiches Stammzellbiologie der Firma, Irina Klimanskaya, machte, als sie mit embryonalen Stammzellen an der Harvard University experimentierte. Diese Zellen können sich bekanntlich in jeden Zelltyp umwandeln und in Kultur differenzieren sie sich oft ohne menschliches Zutun aus – eine Nervenzelle hier, eine Fettzelle da, beispielsweise. Klimanskaya bemerkte, dass sich nach Versorgung einer Kultur mit frischen Nährstoffen häufig nach einigen Wochen dunkel pigmentierte Zellen entwickelten, die in einem pflastersteinartigen Muster wuchsen. Sie nahm an, dass es sich um RPE handelte, was ein Molekulartest auch bestätigte.

Die Forscherin hofft nun, dass es mit dem Verfahren bei verschiedenen Augenerkrankungen möglich werden könnte, die Sehkraft zu bewahren und hoffentlich auch wiederherzustellen. Der Bedarf ist groß. Klimanskaya erinnert sich an eine Sprachnachricht, die sie in ihrem zweiten Jahr bei ACT erhalten hat: Ein Mensch, der aufgrund einer Erbkrankheit erblindet war, bedankte sich für ihre Forschung – obwohl er vermutlich gar nicht mit dem Verfahren behandelt werden kann. "Wenn man so eine Nachricht erhält, weiß man, dass man diese Arbeit nicht umsonst macht", sagt Klimanskaya. (bsc)