Legale und illegale Behördenersuchen

Der E-Mail-Anbieter Posteo veröffentlicht, welche für Kundendaten der Staat von ihm wollte. Gegen Ermittlungsmethoden der bayerischen Justiz hat Posteo nun rechtliche Schritte eingeleitet.

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Versuchte Nötigung zu einer Straftat, Kompetenzüberschreitung, Nichtbeachtung von elementaren Bürgerrechten – kein Wunder, dass der Münchener Anwalt des E-Mail-Anbieters Posteo in seiner Strafanzeige gegen zwei bayerische Kriminalbeamte von "grob rechtswidrigem Verhalten" spricht.

Die im April gestellte und am Montag von Posteo veröffentlichte Anzeige bezieht sich auf Juli 2013, als die Beamten bei dem kleinen E-Mail-Anbieter in Berlin auf der Matte standen und Informationen zu einem Kunden-Postfach haben wollten – Informationen, von denen ihnen Posteo-Mitgründer Patrik Löhr nach dessen Darstellung schon mehrfach gesagt hatte, dass er sie nicht besitzt. Posteo ist nämlich ein Anbieter, der keine persönlichen Daten seiner Kundschaft erhebt. Sogar die Bezahlung ist anonym möglich.

Einer der Beamten ging das aber laut Löhrs Gedächtnisprotokoll, das in der Anzeige enthalten ist, ganz praktisch an und sagte, da ihnen die deutschen Gesetze "kaum Spielraum" ließen, interessiere er sich weniger für Gesetze als dafür, "was Sie technisch für uns tun können". Löhr wurde demnach bedeutet, die Beamten hätten einen weitgehenden Durchsuchungsbeschluss in der Tasche und könnten "alles mitnehmen". Das stellte sich als starke Übertreibung, also als Lüge, heraus. Die Beamten versuchten mithin vergebens, Löhr zu einer Datenherausgabe zu überreden, mit der er sich selbst strafbar gemacht hätte.

Die laut Anzeige auch sonst nicht regelkonform vorgehenden Beamten mussten unverrichteter Dinge wieder abziehen, schafften es jedoch auf einem anderen Weg, den genauen Namen des Email-Postfachs der von ihnen überwachten Person herauszufinden. Sie verschafften sich eine richterliche Genehmigung zur Überwachung des Postfachs. Da die nun abgeschlossen ist, kann Posteo dagegen vorgehen. Gegen den Richter wurde Dienstaufsichtsbeschwerde eingelegt, weil die Postfach-Überwachung laut Posteo keine rechtliche Grundlage hatte. "Dafür muss eine schwere Straftat vorliegen, wie Geldwäsche oder Entführung", erklärt Patrik Löhr gegenüber Telepolis. "Die gab es nicht. Es wurde nur so gedreht, dass es danach aussah." Den Betroffenen darf Posteo aber nicht informieren.

Den Fall hat Posteo im Rahmen seines "Transparenzberichts" öffentlich gemacht. Als nach eigenen Angaben erster deutscher E-Mail-Anbieter zeigt das noch relativ kleine, vor rund fünf Jahren gegründete Unternehmen darin, wie oft Strafverfolgungsbehörden (Geheimdienste waren nicht darunter) welche Daten haben wollten. Demnach waren es 2013 sieben Anfragen, alle nach den sogenannten Bestandsdaten von Postfächern, also den grundsätzlichen Informationen zu den
Personen dahinter. Doch die speichert Posteo eben nicht. Übrigens bemängelt der E-Mail-Anbieter, dass bei einigen Anfragen der Datenschutz nicht eingehalten worden sei: Die Behörden hätten Informationen zu den Fällen, in denen sie ermittelten, zu offen verschickt. Posteo habe nun die entsprechenden Landesdatenschutzbeauftragten über dieses Vorgehen informiert.

Posteos "Pionierarbeit" in Sachen Transparenz habe sich noch am selben Tag ausgezahlt, sagt Patrik Löhr erfreut: Die Telekom veröffentlichte am Montag ebenfalls einige (wenige) Zahlen zu bei ihr 2013 angefragten Daten. Zeit Online erfuhr bei weiteren E-Mail-Anbietern, dass Veröffentlichungen in Vorbereitung seien.