Springer: Google, Facebook & Co. "wollen uns Verlage vernichten"

Der Axel Springer Verlag sieht sich und seine Substanz durch Internet-Unternehmen bedroht. Anstatt den Kopf in den Sand zu stecken und (nur) zu klagen, müssten Verlage selbst Geld in die Hand nehmen, betont Springer-Außenminister Christoph Keese.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 178 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Johannes Haupt

Als Verlag muss man den digitalen Wandel mitgestalten, ansonsten wird man überrollt: Christoph Keese, als "Vice President Public Affairs" so etwas wie der Außenminister des Axel Springer Verlages, machte sich auf der Fachkonferenz Publishers Forum am Montag in Berlin keine Illusionen. Internet-Unternehmen wie Google, Apple und Facebook sowie zahlreiche aufstrebende Startups "wollen uns Verlage vernichten", sagte er vor den anwesenden Verlegern. Nach dem Prinzip "cut out the middleman" werde versucht, Anzeigenerlöse an den Verlagen vorbei zu generieren.

Christoph Keese auf dem Publishers Forum: "Die wollen uns vernichten."

(Bild: heise online/J.Haupt)

Als Beispiel nannte Keese Google, das jährlich in Deutschland 4 Milliarden Euro mit Anzeigen auf seinen Suchergebnis-Seiten umsetze – die gesamte deutsche Verlagsbranche komme nur auf gut ein Zehntel dieser Einnahmen. Mit einer Blockadehaltung allein sei es aber nicht getan, beonte Keese. Zwar habe er persönlich "ein erotisches Verhältnis zu Druck und Papier". Es sorge bei ihm aber auch für Hautkribbeln, wie sich Journalismus gerade im Netz neu erfinde - da wolle der Axel Springer Verlag vorne dabei sein.

Schon heute würden über 70 Prozent der Werbeumsätze des Verlages im Internet erzielt, auch mit Plattformen wie Stepstone, Immonet und Idealo. Weiterhin müsse aber auch das Kerngeschäft auf den Prüfstand gestellt und immer weiterentwickelt werden. Ausgehend vom Streaming-Dienst Netflix mit seinen Eigenproduktionen erklärte Keese beispielhaft, auch der Axel Springer Verlag könne für 10 Millionen US-Dollar eine Serie in Hollywood in Auftrag geben und dann exklusiv über den Premium-Dienst Bild+ anbieten.

Springer verfolge außerdem genau die deutsche und internationale Startup-Landschaft und versucht, sich frühzeitig an vielversprechenden Unternehmen zu beteiligen. So unterstützte der Verlag in Deutschland über sein Plug-and-Play-Programm ausgewählte Startups mit 25.000 Euro und eine zwölfwöchige Schulung im Austausch gegen 5 Prozent der Unternehmensanteile.

Im Silicon Valley, wo Keese unter anderem mit Bild-Chefredakteur Kai Diekmann und Idealo-Gründer Martin Sinner mehrere Monate in einer "Axel-Springer-WG" lebte, hat das Unternehmen seit Anfang 2014 eine feste Präsenz. Neben dem Transfer von Knowhow führt das auch zu direkten Investitionen, so hat sich Axel Springer gerade erst bei einer Bewertung von 30 Millionen US-Dollar ein Prozent der Anteile vom Medien-Startup Ozy gesichert. Knapp verpasst hat man hingegen eine Beteiligung an der boomenden Dating-App Tinder, die dem Verlag laut Keese vor einiger Zeit für 500.000 US-Dollar angeboten worden war. (vbr)