"Wolfenstein: The New Order": Neues Wolfenstein-Spiel setzt auf Schleichen und Ballern

Wer gedacht hatte, moderne Ego-Shooter bieten nur noch lineare Schlauch-Level oder finden online statt, sieht sich bei "Wolfenstein: The New Order" eines Besseren belehrt, wie unser Test des neuen Spiels zeigt.

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Mit Wolfenstein: The New Order erscheint die Mutter-Serie aller Ego-Shooter erstmals unter dem Label des Publishers Bethesda für Windows, PS3/4 sowie Xbox 360/One. Der schwedische Entwickler Machine Games widersetzt sich mit seiner Interpretation des Nazi-Abknall-Themas gängigen Mode-Erscheinungen, die das Genre in jüngster Zeit prägten. So verzichtet Wolfenstein auf einen Online- oder Mehrspieler-Modus, sondern konzentriert sich komplett auf die umfangreiche Solo-Kampagne. Mag man in den ersten Leveln zwar noch meinen, einen schlechten Call-of-Duty-Klon zu spielen, dessen lineare schlauchartige Level alle paar Minuten von Zwischensequenzen unterbrochen werden, so öffnen sich die Level nach ein bis zwei Stunden zu großen Arealen, auf denen man ohne Blick auf die Karte verlorengeht.

Wolfenstein: The New Order (5 Bilder)

Am spannendsten spielt sich Wolfenstein, wenn man sich lautlos an die Wachen anschleicht und sie mit Messern erledigt.
(Bild: Bethesda)

Die trashige Handlung ist natürlich deftig übertrieben und strotzt vor Stereotypen. Als Super-Soldat BJ Blazkowicz wird der Spieler nach einem Sturmangriff der Alliierten auf Nazi-Deutschland von einem sadistischen Arzt gefangengenommen und landet nach seiner Flucht in einem polnischen Krankenhaus. Erst 1960 kann Blazkowicz fliehen und erfährt, dass in der alternativen Welt von Wolfenstein die Nazis den Krieg gewonnen haben und die Welt regieren. Also macht er sich auf, die Reste des Widerstands zu befreien und mit seiner Crew den Nazis einzuheizen. Die Story ist ähnlich platt wie im Film Iron Sky, aber durchaus unterhaltsam.

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Wer meint, mit Blazkowicz als Rambo mit zwei Gewehren im Anschlag durch die Level rennen und alles niedermähen zu müssen, verdirbt sich den Spaß. Denn derartiges Geballere funktioniert nur auf den unteren Schwierigkeitsgraden. Spannender ist es jedoch, sich auf den höheren Schwierigkeitsgraden lautlos mit dem Messer anzuschleichen und zunächst die Kommandeure auszuschalten, bevor diese Alarm schlagen und Verstärkung rufen. Wer vorsichtig vorgeht und die Level auch nach versteckten Enigma-Codes durchforstet, sollte 15 bis 20 Stunden für einen Durchgang durch die 16 Kapitel rechnen.

Danach lockt eine zweite Runde mit leicht veränderter Handlung, bei der man anfangs seinen anderen Kameraden vor dem Nazi-Doktor rettet. Weil Blazkowics all seine Fähigkeitsverbesserungen behält und auch die Nazi-Wachen relativ schlau agieren und den Spieler immer wieder von hinten überaschen, hält Wolfenstein auch dabei die Spannungskurve hoch.

Technisch überzeugt die zugrundeliegende und von Rage bekannte id-tech-5-Engine auf der getesteten PS4-Version mit stabilen 60 fps und abwechslungsreichen wie detaillierten Texturen, die manchmal allerdings etwas langsam laden. Um die hohe Framerate beizubehalten, verzichtet Wolfenstein aber weitgehend auf dynamische Lichtquellen und aufwendige Shader-Tricks. Auch wenn das Spiel keinen Online-Mehrspieler-Modus bietet, sollten sich PS4-Spieler den Patch (automatisch) herunterladen, der mit 5,5 GByte leider sehr groß ausfällt.

Spielerisch können die Schleicheinlagen und Ballereien überzeugen. Bei der KI fielen uns relativ wenige Fehler auf und die später großen Level bieten Platz für spannende, abwechslungsreiche Gefechte. Einzig das Wechseln der Waffen ist über ein Auswahlrad am Controller arg umständlich.

Als Freunde von Ego-Shootern der alten Schule übertraf Wolfenstein im weiteren Spielverlauf unsere Erwartungen, denn nach dem zerklüfteten und kurzatmigen Anfang lässt es dem Spieler viel Freiraum, die Wachen mit unterschiedlichen Taktiken zu erlegen, ohne dabei zu kompliziert oder langatmig zu werden. So setzt es sich überaus wohltuend vom Großteil aktueller (Online-)Shooter ab und empfielt sich insbesondere für Spieler, die keine Lust haben, sich online vom nächsten Heckenschützen abschießen zu lassen oder in Solo-Kampagnen nur auf Einbahnstraßen zum nächsten Ziel zu rennen. (hag)