US-Regierung soll Kontrolle über Internet-Verwaltung aufgeben

Auf dem dritten Internet Governance Forum gaben Regierungsvertreter die Empfehlung, die USA möge im kommenden Jahr die Kontrolle über die ICANN aufgeben. Für manche Vertreter wie zum Beispiel aus dem Iran reichte das nicht aus.

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Von
  • Monika Ermert

Die US-Regierung sollte im kommenden Jahr, wenn ihr Vertrag mit der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) ausläuft, die Kontrolle über die private Netzverwaltung endgültig aufgeben. Diese Empfehlung gaben beim Internet Governance Forum (IGF) in Hyderabad der italienische Vertreter im ICANN-Regierungsbeirat (GAC), Stefano Trumpy, der französische Diplomat Jean-Jacques Subrenat, der auch Mitglied des ICANN-Vorstandes ist, und der ICANN-Experte Milton Mueller, Professor an der technischen Universität in Delft und einer der Gründer des Internet Governance Project.

Subrenat, der auch Mitglied im Strategiekomitee des ICANN-Präsidenten ist, schwankt mit Blick auf die kommende neue US-Regierung zwischen Unsicherheit und Hoffnung: "Niemand weiß, welche Richtung die neue Regierung in Bezug auf Internetpolitik einschlagen wird." David Gross, noch amtierender Vertreter des US-Außenministerium, sagte gegenüber heise online: "Der neuen Regierung stehen einige knifflige Entscheidungen bevor."

Eine unabhängige ICANN muss in den Augen von Subrenat die künftige Rolle der Regierungen in der Netzverwaltung und die Rechenschaftspflicht klären. Die Übernahme der Aufsicht durch den Regierungsbeirat lehnt er ab. "Wenn wir über ein Ende staatlicher Aufsicht sprechen, schauen wir uns nicht nach einer Aufsicht durch ein Kollegium von Regierungen um." Nach Ansicht Italiens müssten Regierungen bei der DNS-Verwaltung im Hintergrund bleiben und sollten nicht in jeder Frage von öffentlichem Interesse automatisch mitentscheiden, erläuterte Trumpy. Regierungen sollten "erst einschreiten, wenn sie öffentliche Interessen verletzt sehen".

Ein Vertreter der kanadischen Regierung nannte demgegenüber die Sorge berechtigt, Regierungen könnten das Ende der US-Aufsicht zum Anlass nehmen, die Rolle von Regierungen in der ICANN aufzuwerten oder nach anderen Arrangements zu suchen. Kanada favorisiert daher eine langsamere Gangart auf dem Weg zu einer Unabhängigkeit der Netzverwaltung. Mueller dagegen schlug in Hyderabad vor, das IGF als mögliches Aufsichtsgremium ins Auge zu fassen. Das UN-Forum könnte als "sanfte Aufsicht" jährlich den ICANN-Kurs bewerten. Die Abkopplung von der einseitigen US-Aufsicht hält er auf jeden Fall für geboten.

Allerdings riet Mueller auch zu einer Verstärkung der Rechenschaftspflicht. Dafür seien ein besseres Verfahren zur Überprüfung von Entscheidungen auf Antrag von Betroffenen und die Möglichkeit der ICANN-Gremien, Vorstandsmitglieder zu entlassen, geeignet. Zudem sollte die Hälfte des Vorstands wieder in regelrechten Wahlen von der Nutzerschaft gewählt werden. "Die Wahl hätte nie abgeschafft werden dürfen."

Siavash Mir-Shashahani, Manager der .ir-Registry für die iranische Top Level Domain, zeigte sich dagegen enttäuscht. Allein der Verzicht auf den ICANN-Vertrag reiche nicht aus. Aus Sicht einer Länderdomain wie .ir sei der Vertrag der US-Regierung mit der IANA (Internet Assigned Numbers Authority) entscheidend. IANA ist der operative Arm für das Rootzonemanagement. Er zwingt eine Länderdomain wie .ir, Änderungen in seiner Zone über einen Tisch in Washington zu schicken. Angesichts des Verhältnisses der beiden Regierungen sei das nicht gerade einfach.

Zum dritten Internet Governance Forum siehe auch:

(Monika Ermert) / (anw)