FDP will die "Internetrepublik Deutschland" verwirklichen

Mit ihrem jetzt veröffentlichten Programm für die Bundestagswahl im Herbst streben die Liberalen den Ausbau Deutschlands zum Vorreiter in Sachen Internetkompetenz und eine Renaissance des Schutzes der Privatheit an.

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Mit ihrem jetzt veröffentlichten inhaltlichen Leitkonzept für die Bundestagswahl im Herbst strebt die FDP den Ausbau Deutschlands zum "europäischen Vorreiter in Sachen Internetkompetenz" an. "Die Verwirklichung der Internetrepublik Deutschland bleibt eine wesentliche Herausforderung", schreiben die Liberalen in ihrem Deutschlandprogramm, in das nun die Beschlüsse ihres Parteitags vom Wochenende in Hannover eingearbeitet sind. Die FDP setze sich daher etwa dafür ein, dass hierzulande "in eine leistungsfähige IT-Infrastruktur" investiert werde. Geschaffen werden sollten Rahmenbedingungen, die den "Arbeitskräftebedarf an hochqualifizierten IT-Spezialisten sicherstellen".

Konkret will die FDP "mehr Wettbewerb bei den Infrastrukturen der Telekommunikation und den flächendeckenden Zugang zu Breitband-Internet". Statt auf den Staat setzen die Liberalen beim Schließen der "weißen Flecken" an den Auffahrten zur schnellen Datenautobahn auf den Markt als "Grundlage für Investitionen und Innovationen bei Infrastrukturen und Diensten". Es komme vor allem darauf an, den Zugang zu regulierten Netzen für alle Teilnehmer offen und transparent zu gestalten.

Die FDP macht sich für die Modernisierung des Telemedienrechts stark. Dieses müsse Zuständigkeiten genauso wie Haftungsfreistellungen auf den verschiedenen Ebenen der Anbieter und der Nutzer klar definieren und zuordnen. Zugleich sei das Internet als "freies Medium" vor zu starker staatlicher Regulierung und übermäßiger Überwachung geschützt werden. Provider dürften nicht mit "überzogenen" Kontrollpflichten belegt werden. Die Presse- und Meinungsfreiheit einer vernetzten Wissensgesellschaft sei auch online zu wahren.

Kinder und Jugendliche müssten zwar vor ungeeigneten Inhalten geschützt werden, heißt es weiter. Erwachsenen könne der Zugang zu strafrechtlich unbedenklichen Inhalten aber nicht verwehrt werden. "Zensur darf auch im Internet nicht stattfinden", betont die Oppositionspartei. Diese Prinzipien müssten in einem "modernen Jugendmedienschutzrecht" verankert werden. Vielen unerwünschten Effekten des Internet könne dort nicht selbst entgegengewirkt werden, jedoch am heimischen PC. Die FDP befürwortet daher "Filtern zu Hause statt Sperren durch den Staat".

Generell will die Partei "die Freiheiten verteidigen, die wir heute in Deutschland selbstverständlich genießen". Die Liberalen seien "nicht dazu bereit, Bürgerrechte für eine trügerische Sicherheit aufzugeben", fordert das Programm Respekt vor der Verfassung ein. Freiheit und Sicherheit müssten sorgsam ausbalanciert werden. Das gelinge nur durch eine "intelligente Innenpolitik", die auf Verhältnismäßigkeit achte und "Vertrauen zurückgewinnt".

Die Liberalen wollen die in den vergangenen elf Jahren verabschiedeten über 100 neuen Gesetze im Bereich der Innen- und Rechtspolitik mit immer neuen Eingriffsbefugnissen auf den Prüfstand stellen, um den "dramatischen Abbau von Bürgerrechten" zu stoppen. Da die Privatheit den Kern persönlicher Freiheit darstelle, drängt die FDP ferner auf ein "modernes, leicht verständliches, übersichtliches und effektives Datenschutzrecht". Zugleich plädiert die FDP dafür, die von Bundesverfassungsgericht etablierten Grundrechte auf informationelle Selbstbestimmung und auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme direkt im Grundgesetz zu verankern.

Im Einzelnen setzt sich die FDP für eine Verbesserung des Arbeitnehmerdatenschutzes und eine Stärkung von Datenschutz durch Technik ein. Melderegisterauskünfte zu Werbezwecken sollen nur zulässig sein, wenn die Betroffenen zuvor ihre Zustimmung erteilt haben. Die Weitergabe der Meldedaten an die Gebühreneinzugszentrale (GEZ) durch die Einwohnermeldeämter will die Partei verbieten und die Behörde durch die Einführung einer Medienabgabe generell unnötig machen. Die FDP fordert die Wiederherstellung des Bankgeheimnisses, die Abschaffung der Vorratsdatenspeicherung und den Verzicht auf heimliche Online-Durchsuchungen. Die Erhebung und Speicherung von Fluggastdaten lehnen die Liberalen genauso ab wie die automatische Kfz-Kennzeichenerfassung ohne konkreten Anlass und eine Nutzung von Mautdaten zur Strafverfolgung. Den großen Lauschangriff wollen sie abschaffen.

Dem Urheberrecht spricht die FDP in der digitalen Welt eine "Schlüsselfunktion" zu. Sie fordert so die "konsequente Weiterentwicklung" der Rechte an immateriellen Gütern und lehnt die von den Grünen befürwortete Einführung einer "Kulturflatrate" ab. Als "besondere Herausforderung bezeichnen die Liberalen die Bekämpfung von "Internetpiraterie", da es sich um eine "existenzielle Bedrohung für die Kultur- und Kreativwirtschaft" handle. Das Netz dürfe "kein urheberrechtsfreier Raum sein". Die FDP will unspezifisch nach Lösungen suchen, "die unter Wahrung des Datenschutzes eine effektive und konsequente Rechtsdurchsetzung gewährleisten". In Bezug auf Online-Nutzungen müsse die grenzüberschreitende Lizenzierung durch Verwertungsgesellschaften erleichtert und eine Fragmentierung der Repertoires verhindert werden.

Zur Bundestagswahl 2009 siehe auch:

(Stefan Krempl) / (jk)