Spanien gehorcht "Empfehlungen" des IWF

Ministerpräsident Rajoy kündigt sofort die Senkung von Steuern für Großunternehmen an

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Der Internationale Währungsfonds (IWF) hatte es Spanien am vergangenen Dienstag "empfohlen" und schon am Samstag kündigte Ministerpräsident Mariano Rajoy Vollzug an. Er nutzte eine Unternehmertagung im katalanischen Sitges, um Milliardengeschenke für Unternehmen anzukündigen.

Wie vom IWF gefordert, will die rechtskonservative Regierung die Körperschaftssteuer für Großunternehmen senken. Die Gewinne sollen in Zukunft wie kleine und mittlere Firmen bisher nur noch mit 25% statt wie bisher mit 30% besteuert werden.

Nach dem Absturz seiner Volkspartei (PP) bei den Europaparlamentswahlen soll ein Konjunkturpaket im Umfang von 6,3 Milliarden Euro die Wirtschaft ankurbeln und Arbeitsplätze schaffen. Gegenüber den Parlamentswahlen stürzte Rajoys PP um 19 Prozentpunkte auf 26% ab. Obwohl Spanien die jahrelange Rezession zaghaft verlassen hat, sind weiter mit knapp sechs Millionen fast 26% arbeitslos. 54% der jungen Menschen haben keinen Job.

So sollen bisherige Subventionen für die Autoindustrie zur Förderung zum Kauf von Autos verlängert werden. Mit Krediten an kleine und mittlere Unternehmen sowie Geld für Forschung und Entwicklung, Energieeinsparungen und Transport sollen Jobs geschaffen werden. Es ist durchsichtig, dass Rajoy seine Aussichten vor den Wahlen 2015 verbessern will. Im kommenden Mai wird in verschiedenen Regionen und zum Jahresende das Parlament neu gewählt.

Völlig unklar ist die Finanzierung der geplanten Maßnahmen. Rajoy erklärte, weder würden die Ausgaben noch die Schulden erhöht. Trotz seiner Kürzung- und Sparprogramme lag das Defizit Ende 2013 noch mit 7,1% mehr als doppelt so hoch, als das Stabilitätsziel mit 3% vorschreibt. Kreativ werden deshalb nun schon Defizite aufgehübscht, die erst in vielen Jahren auftauchen.

Die Schulden sind auf eine Billion Euro geklettert. Das sind gut 95% der jährlichen Wirtschaftsleistung wobei eigentlich nur 60% erlaubt sind.

Lohnsenkungen erwartet

Also müsste Geld an anderer Stelle eingespart oder andere Steuern erhöht werden, wie der IWF fordert. Der will die Mehrwertsteuer und Umweltsteuern für die Verbraucher weiter erhöhen, was vor Wahlen aber schlecht ankommt. Zu erwarten ist aber, dass die vom IWF geforderten Lohnsenkungen und neuen Veränderungen am Arbeitsmarkt kommen werden.

Bedrohte Firmen sollen die Möglichkeit erhalten, "die Entlohnung der Beschäftigten an ihre spezifischen Bedingungen anzupassen", um sie zu stützen. Finanzämter und Sozialkassen sollen ihnen sogar einen Teil der Schulden erlassen, um sie zu retten, meint der IWF.

Allein die Profi-Fußballclubs schulden dem Staat mehr als drei Milliarden Euro. Über einen Schuldenschnitt für die Vereine wurde zum Beispiel auch ohne IWF-Forderungen nachgedacht.

Mit der Senkung der Körperschaftssteuer macht Spanien nach, was der IWF in Portugal im Rettungsprogramm durchgesetzt hat. Die Wettbewerbsfähigkeit trotz Problemen auf der Einnahmeseite stärken zu wollen, bedeutet aber auch, den Druck auf andere Staaten zu steigern, diese Steuern ebenfalls zu senken. Die Konkurrenz beim Steuerdumping nimmt zu, denn auch Irland setzt auf dieses Modell.

Eigentlich ist die Senkung aber erstaunlich, da sogar Finanzminister Christobal Montoro immer wieder betont hat, dass Großunternehmen durch Steuertricks und das Ausweichen in Steuerparadiese real deutlich niedrigere Steuern bezahlen.

Die Nichtregierungsorganisation Intermón Oxfam hat gerade in einer Studie aufgezeigt, dass nur 10% des gesamten Steueraufkommens auf Firmen entfallen und sogar nur 2% auf Großunternehmen. 90% entfielen auf die Familien.

Mit Bezug auf Daten der Steuerprüfer wird gezeigt, dass jährlich über Steuerhinterziehung Einnahmen von 60 Milliarden Euro verloren gingen. Und fast drei Viertel des Geldes würden Großunternehmen hinterziehen.

Oxfam hatte eine reale Reform gefordert, um Schlupflöcher zu schließen und Steuerbetrug zu verfolgen. Spanien gebe dafür so wenig Geld aus wie kein anderes EU-Land. Gefordert wird, endlich Gewinne aus hohen Summen real zu besteuern, die in sogenannte "Investmentgesellschaften" (Sicav) stecken. Sie werden nur mit 1% besteuert, statt mit der üblichen Kapitalertragssteuer von 27%.