Innenminister: "Vertrauen ist die neue Währung im Internet"

Bundesinnenminister Thomas de Maizière hat auf einer Tagung zur IT-Sicherheit mehr Anstrengungen von Politik und Wirtschaft beim Datenschutz gefordert. Der rechtliche EU-Rahmen verzögert sich trotzdem immer weiter.

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Für stärkere vertrauensbildende Maßnahmen in Online-Dienste und andere IT-Anwendungen hat sich Bundesinnenminister Thomas de Maizière am Dienstag auf dem Jahreskongress der Initiative "Deutschland sicher im Netz" (DsiN) ausgesprochen. "Vertrauen ist die neue und wichtige wirtschaftliche Währung im Internet", erklärte der CDU-Politiker in Berlin. Durch die Enthüllungen über die umfassende Netzspionage habe sich Datenschutz zu einem "harten wirtschaftlichen Standortfaktor" entwickelt.

Viele Nutzer hätten derzeit wenig Vertrauen ins Internet, konstatierte de Maizière. Ihr Verhalten änderten bisher zwar erst die wenigsten deswegen, was sich aber "schlagartig ändern kann". Die Folge davon wäre weniger soziale Teilhabe und ein Ausschluss von "der gigantischen Ökonomie, die da vor uns steht". Im Mittelstand herrsche dagegen oft zu viel Vertrauen: Kleine und mittlere Unternehmen seien sich der Gefahren schlecht gesicherter IT-Infrastrukturen oft nicht bewusst.

De Maizière zeigte sich zuversichtlich, einen ersten Entwurf für das von der großen Koalition geplante IT-Sicherheitsgesetz "im Sommer soweit zu haben, dass wir ihn in der Öffentlichkeit diskutieren können". Vorher gelte es etwa noch zu definieren, "was zu den kritischen Infrastrukturen gehört". Zudem müssten für Telekommunikations- und Telemedien-Anbietern Vorgaben für Meldepflichten bei Sicherheitspannen geschaffen werden. Er setze dabei auf eine enge Zusammenarbeit mit der Wirtschaft, obwohl diese frühere Vorstöße in diese Richtung skeptisch sah.

de Maizière in Berlin

(Bild: Stefan Krempl/heise online)

Der Christdemokrat ließ auch keinen Zweifel daran, dass der europäische Binnenmarkt ein neues, einheitliches Datenschutzrecht benötige. Bei den Verhandlungen im EU-Rat über die geplante Reform seien die Regierungsvertreter aber noch nicht am Ziel. Er hoffe, "dass wir im ersten Halbjahr 2015 mit den Beratungen fertig sein können". Die Reform würde sich damit weiter verzögern: Zuletzt war die Rede davon, dass der Rat seine Position in diesem Sommer festzurren und dann in Verhandlungen mit dem EU-Parlament eintreten sollte, das seine Linie im Frühjahr verabschiedet hat. Jüngst hatte es im Innenministerium bereits Stimmen gegeben, die eine neue Verordnung als unnötig bezeichnet hatten angesichts der jüngsten höchstrichterlichen EU-Rechtsprechung.

Um im Bereich IT-Security handlungsfähig zu bleiben, hat de Maizière nach eigenen Angaben in dem von ihm betreuten Ressort zwei neue Unterabteilungen für IT- und Cybersicherheit eingerichtet. Die Verantwortung liege aber nicht nur beim Staat: "Jeder noch so gute Datenschutz hilft nicht, wenn es an Vor- und Weitsicht mangelt." Der persönliche Kontakt erfahre so vielleicht ein Comeback. Keine Videokonferenz werde je so sicher sein "wie ein Gespräch in abhörsicherem Raum oder an der frischen Luft".

Die Bevölkerung müsse stärker erkennen, dass für Internetdienste in Daten bezahlt werde, meinte de Maizière. Er plädierte dafür, zu "Datensparsamkeit" zu erziehen und das Bewusstsein für den Umgang mit persönlichen Daten zu schärfen. Sicherheitstechnik wie Verschlüsselung müsse "alltagstauglich" sein. Er bedauerte, dass De-Mail und die elektronische Identitätsfunktion des neuen Personalausweises nicht "in größerem Umfang" genutzt würden, da sie "nicht ganz so bequem" einzusetzen seien.

Keine guten Nachrichten hatte der DsiN-Verein selbst zu melden. Laut einer im Verlauf des Kongress vorgestellten Studie, für die rund 6000 Internetnutzer aus mittelständischen Firmen befragt wurden, führen nur 28 Prozent der Unternehmen regelmäßige Schulungen für Mitarbeiter im Bereich IT-Sicherheit durch. Der Wert hat sich seit 2011 nicht verändert, obwohl die Firmen parallel Geschäftsprozesse weiter digitalisiert haben. Jeder vierte Betrieb verzichtet auf Datenschutzmaßnahmen, was sogar einem Rückgang um drei Prozent bei einschlägigen Sicherheitsvorkehrungen im Vergleich zu 2011 gleichkommt. DsiN-Geschäftsführer Michael Littger warb für eine bessere Aufklärung durch Wirtschaft und Politik sowie etwa für eine stärkere Verschlüsselung sensibler Informationen. (anw)