Bericht von den Chemnitzer Linux-Tagen 2009

Ein breites Themenspektrum, 65 Aussteller und ein umfangreiches Rahmenprogramm lockten 2600 Linux-Interessierte am 14. und 15. März nach Chemnitz.

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Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Dr. Christian Böttger
  • Dr. Oliver Diedrich

Auch in ihrem elften Jahr erfreuten sich die Chemnitzer Linux-Tage ungebrochener Beliebtheit. Rund 2600 Besucher (gegenüber 2400 im letzten Jahr) fanden am 14. und 15. März den Weg zum Hörsaalgebäude der TU Chemnitz. Die in Chemnitz angerührte Mischung aus Einsteigervorträgen, praktischer Hilfe von Dr. Tux, 15 Hands-On-Workshops, LPI-, BSD-Unix- und Typo3-Integrator-Prüfungen sowie 65 Austellern von Projekten und Firmen rund um Linux, die ein umfangreiches Vortragsprogramm von 89 Vorträgen an zwei Tagen in sechs parallelen Sessions einrahmen, kommt offensichtlich gut beim Publikum an. Allein an den LPI-Prüfungen haben sich etwa 50 Kandidaten versucht.

Die Organisation funktionierte Dank der zahreichen freiwilligen und unbezahlten Helfer reibungslos, der Eintritt war mit fünf Euro für beide Tage sehr günstig, und auch der Mittags-Eintopf zu 3,50 EURO bot ein unschlagbares Preis/Leistungsverhältnis. Außerdem stand ein kostenloses WLAN für alle Besucher zur Verfügung. Da hier auf Grund von Uni-Vorgaben jedoch alles Klartextprotokolle (SMTP, POP3, IMAP, ...) gesperrt sind, waren Tunnelbauer deutlich im Vorteil.

Großes Interesse bei den Vorträgen

Das Themenspektrum der Vorträge reichte vom "Einsteigerforum" bis zu "Entwickeln heute". Wie immer wurde auch das Feld "Recht und Gesellschaft" beleuchtet. Die Vorträge von Johannes Lichdi (B90/Die Grünen) und Rechtsanwalt Dr. Klostermann waren offenbar beliebter als erwartet: Die nicht kleinen Hörsäle waren völlig überfüllt. Ein Vortrag von Klaus Knopper musste ob des Ansturms von etwa 400 Zuhörern kurzfristig in einen größeren Saal verlegt werden.

Auch der Workshop zum Thema "Open Hardware" war bereits im Vorfeld ausgebucht. Die "Praxis Dr. Tux" verzeichnete nach Jahren nachlassenden Interesses dieses Jahr wieder einen deutlichen Zuwachs, hauptsächlich auf Grund von Problemen mit Netbooks, und dort besonders mit WLAN. Wie in den letzten Jahren auch war die Führung beim Chemnitzer Hochleistungs-Linux-Cluster CHIC auch dieses Jahr wieder überfüllt.

Die gut besuchte Ausstellung

Die Chemnitzer Linux-Tage bleiben weiterhin eine stark Community-orienterte Veranstaltung, wobei kommerzielle Anbieter aber nicht ausgeschlossen werden. Dies schlägt sich auch bei den Ausstellern nieder: 45 Projekte und 13 Firmen boten Informationen an ihren Ständen. Wo sonst findet man beispielsweise alle drei BSD-Versionen (OpenBSD, FreeBSD und NetBSD) einträchtig nebeneinander? Auch viele Linux-Distributionen, von Fedora über OpenSuse und Debian bis zu Gentoo und Sidux waren vertreten. Passend zum Thema "Recht und Gesellschaft" präsentieren sich die Free Software Foundation Europe (FSFE) und der AK Vorratsdatenspeicherung.

Auch die Linux-Nacht, die nicht nur gemeinsames Feiern bedeutet, sondern auf der Projekte für sich werben, und die "Nacht der freien Filme" stehen im Community-Gedanken – durchaus über den engeren Bereich der Softwareentwicklung hinaus. Manche Projekte scheinen die Chemnitzer Linux-Tage auch als Entwickler-Workshop zu sehen: Bei NetBSD waren immerhin fünf Entwickler anwesend, die ihre Freizeit wohl auch diesmal zum "Umgraben" des Projekt-CVS genutzt haben. Eine weitere Facette stellen die Stände der Linux Gamer und der Soundbearbeiter mit LMMS dar.

Auf der anderen Seite konnte man aber auch eine kleine, aber feine Branchenlösung für Arztpraxen names APW Wiegand finden, die auch für Linux (neben einer DOS- und einer Windows-Version) erhältlich ist. Da die Anbindung an verschiedene andere Systeme im Gesundheitswesen eine strikte Zertifizierung erfordert, ist die Lösung jedoch nicht Open Source, sondern proprietär. Obwohl die Linux-Version bereits seit 2005 existiert, sind erst etwa 20 von mehreren Tausend Installationen Linux-basiert, weshalb jetzt verstärkt für die Linux-Version die Trommel gerührt wird.

Natürlich wurde auch gehackt ...

Traditionell sendete Radio Tux live von den Chemnitzer Linux-Tagen. Natürlich gibt es wieder Live-Audiostreams von allen Vorträgen (sofern die Referenten zugestimmt haben), die nach Abschluß der Veranstaltung auf der Webseiten der Chemnitzer Linux-Tage abrufbar sind. Neu war, dass zwei Vortragsstränge auch per Live-Videostream übertragen wurden. Diese Videostreams konnten über Internet oder ganz herkömmlich per DVB-T (in Chemnitz) empfangen werden. Ebenfalls neu war auch die sehr positiv aufgenommene Opener Party am Freitag Abend. Es ist zu hoffen, dass hiermit eine neue Tradition begründet wurde.

Das Skolelinux-Projekt nutzte die CLT, um zu verkünden, dass Skolelinux ab sofort neben einer in Rheinland-Pfalz entwickelten Windows-basierten Lösung als offizielle Netzwerklösung für rheinland-pfälzische Schulen zur Wahl steht.

Mit einem breiten inhaltlichen Angebot und einem Besucherzuwachs von acht Prozent verteidigten die Chemnitzer Linux-Tage auch in diesem Jahr ihren Platz als zweitgrößtes Linux-Event in Deutschland. Im nächsten Jahr findet die Veranstaltung am 13. und 14. März statt – natürlich wieder in Chemnitz. (odi) (odi)