Fracking-Gesetz jetzt - und zwar schnell

Einpressen von Chemikalien in den Untergrund zur Erdgasförderung soll im Eilverfahren kommen

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Die Bundesregierung will noch vor der parlamentarischen Sommerpause das Gas-Fracking in Deutschland durch ein Gesetz zulassen und die Bedingungen dafür festlegen. Laut Energieminister Gabriel sollen eine Umweltverträglichkeitsprüfung und ein Verbot in Wasserschutzgebieten für die Genehmigung ausreichen. Weitergehende Anforderungen (dazu gehören möglicherweise auch Beschränkungen bei den verwendeten Chemikalien) würden noch intern geprüft.

Beim Fracking werden im Gestein, ausgehend von den Tiefenbohrungen durch das Einpressen von Wasser, Sand und Chemikalien unter hohem Druck, Risse erzeugt und länger offengehalten, so dass die Erdgas-Fördermenge je Bohrung höher ausfallen soll. Optimistische Studien wie die der Unternehmensberatung A. T. Kearney beziffern die kurzfristige Steigerung der Fördermenge durch Fracking auf bis zu 45 Prozent gegenüber Bohrungen ohne Fracking. Die KfW Förderbank hingegen hält die Bedeutung von Fracking für begrenzt. Mittelfristig bestehe sogar das Problem, dass durch kurzfristig mehr verfügbares Erdgas Effizienzbemühungen und damit technischer Fortschritt verhindert werde und das Verfahren so zu nicht wettbewerbsfähigem Wirtschaften führe.

Aber die Bundesregierung scheint die Situation in der Ukraine und Befürchtungen um eine einseitige Abhängigkeit vom Erdgaslieferanten Russland nutzen zu wollen, um die Fracking-Diskussion durch vollendete Tatsachen zu beenden. Dass dieses Denken durchaus kurzsichtig ist, zeigen die Reichweiten der Lagerstätten. Laut der BP Statistical Review 2008 läge die statistische Reichweite der weltweiten Erdgasvorräte bei unverändertem Verbrauch bei rund 60 Jahren.

Andererseits prognostiziert die Shell-Studie, dass sich der weltweite Erdgasverbrauch bis 2020 verdoppeln wird. Die schnellere Förderung der letztlich begrenzten Vorräte würde also nur eine schnellere Ausbeutung und vielleicht noch einige Jahre eine Party der billigen Energiepreise bewirken – also ein letztes Aufflammen des Erdgaszeitalters. Das Positive am Fracking-Gesetz könnte allerdings sein, dass endlich Transparenz geschaffen wird über die eingesetzten Chemikalien. Denn in der Praxis wird Fracking auch in Deutschland bereits eingesetzt. Nur was da so in den Boden gepresst wurde, darüber spricht man nicht gern.

Im Moment fördert Deutschland (2011) 11,9 Mrd. Kubikmeter, also rund 12 Prozent seines Jahresverbrauchs von 96 Mrd. Kubikmetern, selbst. Die Befürworter des Fracking bei der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe sehen das technisch förderbare Erdgaspotenzial in Deutschland bei 2.300 Mrd. Kubikmeter in Deutschland. Beim derzeitigen Jahresverbrauch von 96 Mrd. Kubikmeter reicht das dann für 23 Jahre, wenn alle prognostizierten Lagerstätten vorhanden sind und alle technischen Möglichkeiten einschließlich Chemikalieneinpressungen ausgereizt werden.