Lasern statt bohren

Laserlicht ist in der Medizin ein alltägliches Schneidewerkzeug. US-Mediziner haben herausgefunden, wie man mit seiner Hilfe Zahngewebe wiederherstellen kann. Schmerzhafte Wurzelkanalbehandlungen könnten so überflüssig werden.

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Von
  • Courtney Humphries

Laserlicht ist in der Medizin ein alltägliches Schneidewerkzeug. US-Mediziner haben herausgefunden, wie man mit seiner Hilfe Zahngewebe wiederherstellen kann. Schmerzhafte Wurzelkanalbehandlungen könnten so überflüssig werden.

Laser sind in der Medizin von heute ein Standardwerkzeug: Sie schneiden ins Gewebe, entfernen Krampfadern oder Körperbehaarung. US-Forscher haben nun gezeigt, wie Laserlicht niedriger Leistung auch für das Gegenteil genutzt werden können: den Aufbau von fehlendem Körpergewebe.

In ihrer Versuchsreihe stimulierten die Forscher mit dem ultrareinen Licht Stammzellen in den Zähnen von Ratten. Daraus könnte sich ein Verfahren entwickeln, das schmerzhafte Wurzelkanalbehandlungen überflüssig macht. Es könnte nach Ansicht der Harvard-Wissenschaftler um den Zahmediziner Parveen Arany von den National Institutes of Health auch der besseren Wundheilung oder Regenerierung von Knochen dienen.

Er und seine Kollegen bohrten zunächst Löcher in die Backenzähne von Ratten. Dadurch entblößten sie das weiche Zahnmark im Inneren, das Stammzellen enthält. Dann bestrahlten sie die Zähne mit Laserlicht und verschloßen die Löcher wieder mit einer provisorischen Füllung. Zwölf Wochen später hatte sich in den Zähnen vermehrt Dentin gebildet, einer der Hauptbestandteile von Zähnen unterhalb der sichtbaren Krone.

Üblicherweise ist eine Wurzelkanalbehandlung nötig, wenn das Dentin sich auflöst und irgendwann das Zahnmark freilegt. Dabei werden das Mark und der äußere Zahn entfernt und durch ein unempfindliches Material ersetzt. Der neue Ansatz könnte diese Behandlung ersetzen.

Allerdings lässt sich der Zahnschmelz der Zahnkrone, die auf dem mit Zahnmark gefüllten Dentinkörper sitzt, nicht regenerieren – die dazu nötigen Stammzellen gehen mit dem Ende der Kindheit verloren. Aranys Gruppe will aber versuchen, das Wachstum anderer Gewebearten im Zahn zu stimulieren.

Woher kommt nun der ungewöhnliche Effekt des Laserlichts? Die Forscher entdeckten, dass es so genannte reaktive Sauerstoffspezies – etwa Hydroxylradikale oder angeregte Sauerstoffmoleküle – produziert. Diese aktivieren das Molekül TGF-beta (TGF steht für "Transforming Growth Factor"), das unter anderem für die Ausdifferenzierung von Stammzellen verantwortlich ist. Das zeige, „wie eine physikalische Energieform einen biologischen Prozess induzieren kann“, sagt Arany.

Allerdings kommte es auf die Dosis an, weil reaktive Sauerstoffspezies auch schädliche Wirkungen haben können. Eine zu hohe Dosis könnte der Grund sein, dass frühere Gewebewachstumsversuche mit Laserlicht nicht immer erfolgreich waren.

Wissenschaftler arbeiten seit Jahren an Verfahren, um Stammzellen in gewünschte Gewebeformen verwandeln. Dabei werden die Stammzellen in der Regel zunächst isoliert und durch verschiedene Moleküle aktiviert, so dass sich in einen anderen Zelltyp verwandeln. Diese Aktivierung wäre viel einfacher zu haben, wenn Laserlicht als Auslöser genügt. Dafür wären auch weniger regulatorische Auflagen zu erfüllen. Und weil TGF-beta an der Bildung verschiedener Gewebearten beteiligt ist, könnte sich das an Zähnen demonstrierte Verfahren wohl auch auf sie anwenden lassen.

„Das ist ein noninvasives Verfahren, was es sehr interessant macht“, urteilt Anne George, Zahnmedizinerin an der University of Illinois in Chicago. „Und es lässt sich leicht in klinischen Versuchen testen.“ Arany und seine Kollegen planen nun Versuche an menschlichen Zähnen.

(nbo)