Frachtraten fallen auf Jahrestief

Der Baltic-Dry-Index ist seit Jahresbeginn auf weniger als die Hälfte eingebrochen

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Wer sich für 2014 eine leichte Erholung der Weltwirtschaft erhofft hätte, dürfte enttäuscht werden. Darauf deuten jedenfalls die Frachtraten im sogenannten "Trockenschüttgutverkehr", die von der Baltic Exchange in London tagesaktuell erhoben werden. Denn während keine besonderen Vorkommnisse auszumachen sind, die diesen Einbruch erklären könnten, fallen die Preise seit Wochen und haben am Freitag mit 906 Zählern ein neues Jahres-Tief erreicht.

Erfasst werden dabei die täglich real bezahlten Frachtpreise auf 26 Hauptschifffahrtsrouten für vier Schiffsklassen (Capesize, Panamax, Supramax und Handysize) im sogenannten Trockenschüttgutverkehr, dessen Hauptfrachtgüter Kohle, Eisenerz, Zement, Kupfer, Kies, Dünger, Kunststoffgranulat und Getreide sind. Weil diese Güter allesamt am Anfang der industriellen Produktionsprozesse stehen, gilt der Baltic Dry als bester Frühindikator der globalen Konjunktur, der freilich nicht nur die Konjunktur bzw. die Nachfrageseite widerspiegelt, sondern auch die verfügbaren Frachtkapazitäten.

Da zuletzt aber kaum noch neue Schiffe auf den Markt kamen, dürften die fallenden Preise diesmal aber tatsächlich einen weiteren Rückgang des Welthandels ankündigen, der wohl hauptsächlich mit den Entwicklungen in China zutun hat. So war es schon im Vorjahr zu einem massiven Einbruch des Baltic Dry gekommen, als China seine Eisenerz- und Zementimporte drastisch zurückgedreht hatte, um die Vorräte an eine absehbar sinkende Nachfrage anzupassen. Nur war von vielen Marktbeobachtern erwartet worden, dass China inzwischen bereits wieder mit dem Lageraufbau begonnen habe, was sich freilich auch in den Frachtraten zeigen müsste.

Für die nicht wenigen Eigentümer geschlossener Fonds, die in Containerschiffe investiert haben, dürften so schnell jedenfalls keine besseren Zeiten zu erwarten sein. So lag der Durchschnitt des Baltic Dry Index von 1985 bis 2012 bei 2.082 Punkten, wozu noch die seither angelaufene Inflation zu addieren wäre, und von 2001 bis 2012 lag der Schnitt bei 3.132 Punkten, was auch bei den die meisten deutschen Reedern noch für das Erreichen der Gewinnschwelle ausgereicht hatte. Dabei teilen sich die Frachtkosten laut einer Studie von JP Morgen bei den meisten Anbietern zu je einem Drittel auf Zinsen, Abschreibungen und reale Betriebskosten auf, so dass bei zuletzt knapp 900 Zählern es nicht einmal den allergünstigsten Anbietern gelingen dürfte, die Gewinnschwelle zu erreichen.

Etliche Anbieter werden vermutlich aber sogar Mühe haben, auch nur die variablen Kosten zu verdienen, was vorerst einmal dafür sorgen sollte, dass die Schiffbau-Industrie immer tiefer in die Krise rutscht. Die konnte in Europa schon bisher nur mit massiver Staatshilfe überleben und konzentriert sich heute vor allem in Südkorea, wo sie so wichtig ist, dass im Krisenfall zuerst die koreanische Stahlindustrie und dann wohl der gesamte Finanzsektor bedroht sein könnte - womit sich für die Finanzmärkte vielleicht bald Südkorea als Krisenherd anbieten würde.

Quelle: Bespoke-Investments