Kommentar: Die Zukunft gehört Google, mein Puls gehört mir

Wir haben mit der Streuung unserer persönlichen Daten eine lebenslangen Vertrag mit Google, Apple und Co. abgeschlossen, dessen endgültige Bedingungen wir noch nicht kennen. Deswegen landen meine Körperdaten auf keiner Smartwatch.

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Von
  • Hannes A. Czerulla

Schon jetzt wissen Google, Apple, Samsung, LG und Co. via Smartphone über den Großteil meines Lebens Bescheid. Beunruhigend wurde es nun auf der Entwicklermesse Google I/O, wo weitere Hersteller ihre Smartwatches vorstellten. Die sogenannten Wearables schicken meine Körperdaten, also beispielsweise meinen Puls, direkt an die gesichtslosen Konzerne. Eine persönlichere Art von Daten gibt es nicht, nur meine Krankenakte. Worauf wir uns dabei als Nutzer einlassen, können wir gar nicht wissen, denn die datenhamsternden Firmen wissen es selbst noch nicht. Wir gehen einen Vertrag ein, dessen Bedingungen wir noch nicht kennen.

Google Fit sammelt erfasste Körperdaten in der Cloud.

Was die Firmen mit den Informationen in Zukunft anfangen werden, ist völlig unklar. Aber wenn sie neue Geschäftsstrategien entwerfen, werden ihnen unsere Daten schon zur Verfügung stehen. Meine Körperdaten sind die Grenze meiner Privatsphäre, die ich die Konzerne nicht überschreiten lasse.

Ein Kommentar von Hannes A. Czerulla

Hannes Czerulla schreibt seit 2011 für heise.de und die c't über Smartphones, Apps und alles, was man damit machen kann. Rooting, CustomROMs und mobile Betriebssysteme gehören ebenfalls zu den Themen des Technikjournalisten.

Die Firmen kennen meine Standorte, meine Kontakte und Nachrichten, meine Lieblingsinternetseiten und mein Konsumverhalten. Mit Projekten wie Android Auto und Android TV sitzt Google auch in meinem Wohnzimmer und Auto. Als technikaffiner Konsument lasse ich mich auf den faustischen Pakt ein und offeriere dem Konzern meine häuslichen Lebensgewohnheiten und mein Verhalten beim Autofahren. Doch was, wenn über Smartwatches und Fitnessarmbänder meine Körperdaten dazukommen?

Die Wearables schicken Informationen heraus, die ich sonst komplett geheim halten konnte, beispielsweise, wann ich nervös bin, wann ich mich anstrenge und wann ich erschöpft bin. Die aktuellen Modelle erfassen zwar nur den Puls und die gelaufenen Schritte. Aber das reicht schon, um einen genauen Tagesplan meines Gemütszustandes zu erstellen: Was kann man daraus schließen, wenn regelmäßig mein Puls steigt, sobald ich zu hause Zeit mit meinem Lebenspartner verbringe? Was ist der Schluss daraus, dass mein Puls auf Ruheniveau fällt, sobald ich am Arbeitsplatz ankomme?

Irgendwann werden auch meine Körperdaten in den Äther geblasen, durch irgendein trendiges Gadget, eine App oder weil mein Arzt eine Google Glass trägt. Bis es soweit ist, gehört dieser persönlichste Teil meiner Daten aber mir und geht keine Armbanduhr etwas an.

Siehe dazu auch den Kommentar von Daniel Berger, der in seiner Haltung gegenüber Google und Android etwas anders gewichtet:

(hcz)