EU-Richter bestätigen Vorrang von Klimaschutzpolitik

EU-Mitgliedsländer müssen ihre Ökostromförderung nicht für Importeure öffnen

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Der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg hat geurteilt, dass ein ausländischer Anbieter keinen Anspruch auf Förderung für importierten Ökostrom hat. Die Beschränkung der Unterstützung auf einheimische Erzeuger stelle zwar einen Eingriff in den freien Warenverkehr da: "Der Gerichtshof ist jedoch der Ansicht, dass diese Beschränkung durch das im Allgemeininteresse liegende Ziel gerechtfertigt ist, die Nutzung erneuerbarer Energiequellen zu fördern, um die Umwelt zu schützen und die Klima-Veränderungen zu bekämpfen", zitiert das Handelsblatt die Richter.

Der Gerichtshof hatte in einem Streit zwischen dem schwedischen Staat und dem finnischen Unternehmen Ålands Vindkraft zu entscheiden. Letzteres betreibt auf den zwischen den beiden Ländern in der Ostsee gelegenen Åland-Inseln Windkraftanlagen und exportiert einen Teil des erzeugten Stroms Richtung Westen. In ihrem Urteil sprechen die EU-Richter davon, dass die Mitgliedsländer ein Recht darauf haben, die Förderung auf einheimische Erzeuger zu begrenzen, da sie sonst das ungestörte Funktionieren der Regelungen nicht gewährleistet werden kann.

Das Verfahren hatte letzte Woche in der Debatte über die am Freitag verabschiedete EEG-Novelle kurzzeitig eine erhebliche Rolle gespielt. EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia hatte mit Verweis auf das anstehende Urteil sich die Seite des Klägers zu eigen gemacht und eine Öffnung auch in Deutschland gefordert. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel, dessen Haus den Gesetzentwurf geschrieben hatte, nutzte die Gelegenheit, sich als Verteidiger der Energiewende gegen Brüsseler Ansprüche zu produzieren und von den zwischenzeitlich am Freitag beschlossenen zahlreichen Einschränkungen für den bürgernahen und dezentralen Ausbau der erneuerbaren Energieträger abzulenken.

Im folgenden noch einige Stimmen zum Urteil:

"Das heutige Urteil bestätigt, dass nationale Fördersysteme prinzipiell nicht Erneuerbare Energien in anderen EU-Mitgliedsstaaten fördern müssen. Dies ist ein fundamentales Element der europäischen Erneuerbaren Richtlinie, die 2009 zwischen Europäischem Parlament und 27 Mitgliedsstaaten beschlossen wurde.
Endlose Attacken der EU-Kommission gegen diese Richtlinie, wie diese Woche im Streit mit der deutschen Bundesregierung, werden so hoffentlich ein Ende haben. Es ist auch ein Sieg gegen die europäischen Stromhändler (EFET), die sich mit der Klage Geschäfte und Gewinne auf Kosten der Bürger erhofft hatten."
Claude Turmes, energiepolitischer Sprecher der Fraktion der Grünen im EU-Parlament
"Die Sorge des BDEW, dass das EuGH-Urteil zu einer unkoordinierten Öffnung der nationalen Fördersysteme führen könnte, wurde erfreulicherweise nicht bestätigt. Die Öffnung nationaler Fördersysteme innerhalb kurzer Zeit hätte unter Umständen einen kräftigen Kostenschub für die nationalen Fördersysteme - darunter das EEG - zur Folge haben können. (...)
Darüber hinaus spricht sich der BDEW für eine schrittweise Angleichung der nationalen Fördersysteme auf europäischer Ebene aus. (…) Ein erster Schritt kann beispielsweise die Öffnung des Fördersystems im Rahmen der Umstellung auf ein Auktionsdesign im Zuge der EEG-Novelle 2016/2017 sein. So könnten sich auch Erneuerbare-Energien-Anlagen mit Standorten in den anderen EU-Mitgliedstaaten um die Förderung durch das EEG bewerben."
Stellungnahme des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW)
"Zu begrüßen ist insbesondere die Entscheidung, das Allgemeininteresse an sauberer Energie aus Wind, Sonne und Wasser vor das Prinzip der Warenverkehrsfreiheit zu stellen. Die EU-Richter sagen ganz klar: Umwelt und Klima gehen vor Markt und Unternehmensgewinne. Um die Umwelt zu schützen und die Klimaänderungen zu bekämpfen ist die Beschränkung der Warenverkehrsfreiheit rechtens. Das von vielen herbeigewünschte Todesurteil für das EEG durch die Pflicht, Grünstrom EU-weit entsprechend nationaler Regeln fördern zu müssen, ist damit abgewendet.
Der Präzedenzfall erklärt das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) als vereinbar mit der EU-Richtlinie zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen. Wären die Richter der Empfehlung des Generalanwaltes nachgekommen, hätte auch Deutschland die Förderung von Ökostrom (EEG) anpassen müssen. Bundesminister Gabriel muss diesen Rückenwind nun endlich nutzen, um die Energiewende in Deutschland sozial und nachhaltig zu gestalten. Die in der letzten Woche durchgepeitschte Reform war dabei ein großer Schritt in die falsche Richtung. Der Zehn-Punkte-Plan, so ist zu fürchten, wird diese Entwicklung eher verstärken."
Eva Bulling-Schröter, energie- und klimapolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag