SysAdmin Day: Von der Verantwortung eines Admins, Teil II

Merry Sysmas! Heute ist der Tag der Sysadmina und des Sysadmins! Ohne ihre Arbeit gäbe es keine Katzenbilder im Internet, kein Intranet und keine Möglichkeit, das Mobiltelefon in der Firma zu benutzen. Danke für Alles!

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Detlef Borchers
  • Dusan Zivadinovic

Kuchen wäre eine Idee, doch in dieser sommerlichen Zeit spricht vieles für ein kühles Bier an der Konsole zum Tagesausklang: Wie seit Ewigkeiten, genauer seit dem Jahre 2000, wird am letzten Freitag im Juli der Tag des Systemadministrators gefeiert. Unser Dank geht an alle Menschen, die abseits aller geregelten Zeiten dafür sorgen, dass die IT-Systeme laufen.

System-AdministratorInnen sind Geeks und als solche häufig genug viel zu bescheidene Menschen. Da werden bei einem aktuellen Wettbewerb zum Feiertag, wie es #Sysadminselfie wohl sein soll, viele Fotos eingereicht werden, die Racks und Kabel zeigen, mitunter auch nur den Arbeitsplatz.

Doch nur wenige Admins sind zu sehen, denn wer interessiert sich schon für die Menschen hinter der Technik? Dabei müsste der Tag des Systemadministrators ein Volksfeiertag sein, wenn das Internet so wichtig ist, wie überall behauptet: Bei jedem Internet Service Provider gibt es sie, die Administratoren, die sich um die Computer, Router und Switches kümmern. Ganz zu schweigen von den Diensten, die irgendwo in der Wolke laufen. In letzter Instanz, wie es bei den Marxisten immer heißt, ist da eine Menge Hardware im Spiel, um die sich Administratoren aller Art kümmern, egal wie virtuell alles ist. Der Admin ist immer basisnah.

Admins sind Geeks, Hacker ebenso. Beide treffen sich auch darin, dass sie paranoid sind, nur eben in unterschiedlicher Prägung gegenüber "dem System" und "den Anwendern". Verkettet sind sie auch noch: Die Dokumentation des Admin ist das Manual für den Hacker, wenn dieser als Pentester antritt. Umgekehrt sind Admins notorisch nüchtern, wenn sie von Erfolgen der Hacker hören.

Vor einem Jahr wurde zum Tag des System-Administrators an dieser Stelle von mir der US-amerikanische Admin Edward Snowden gelobt, der seinem Gewissen folgte und die Verantwortung eines Admins Ernst nahm. Wie konsequent er nach den inoffiziellen Regeln für Whistleblower vorging, wird erst jetzt erkennbar, wo sich Snowden ausführlicher erklärt.

Seit einem Jahr erleben wir andererseits die häppchenweise Verfütterung der von Snowden gesicherten Dokumente durch Journalisten wie Glenn Greenwald oder Filmemacher wie Laura Poitras, denen Snowden das komplette Material in einem großen Abwasch übergeben hat. Manche Häppchen sind dabei so geschnitten, dass sie erst mit weiteren, später veröffentlichten Häppchen einen Sinn ergeben. Mit dem Ethik-Code der Systemadministratoren ist dies nicht unbedingt vereinbar: "I distinguish between advocacy and engineering. I will not present analysis and opinion as fact."

Genau hingesehen: Ein Systemadministrator, der seit Jahren bei einem deutschen Internet Provider arbeitet, will die Öffentlichkeit über fehlerhafte Angaben zu den NSA-Enthüllungen aufklären.

Inzwischen beschäftigt sich sogar die Bundesregierung mit diesem Material, unter Vermeidung des Tröpfchen-Kontakts mit dem digitalen Aussätzigen Edward Snowden. Und es gibt einen NSA-Untersuchungsausschuss des Parlaments, der "tabula rasa" machen soll im ursprünglichen Sinne, dass all die unangenehmen Details dieser NSA-Geschichte abgeschabt und entsorgt werden. Von diesem Untersuchungsausschuss wurden Experten für den proaktiven Schutz vor Cyberangriffen befragt, unter anderem Frank Rieger vom Chaos Computer Club, der für den ursprünglich vorgesehenen Chris Soghoian eingesprungen war.

Nach seinem Auftritt erhielt Rieger eine Strafanzeige wegen seiner Aussage. Ausgerechnet von einem Systemadministrator, der seit Jahren für einen deutschen Internetprovider arbeitet.

Als Motiv für die Strafanzeige ist unverkennbar, dass der Systemadministrator die Öffentlichkeit über seiner Ansicht nach fehlerhafte Angaben zu den NSA-Enthüllungen aufklären will. Aus seiner Sicht gibt es eine Art Interpretationssperre: "Vielleicht liegt es daran, dass man ein tiefgründiges technisches Verständnis haben muss, um Aussagen wie die von Herrn Rieger überprüfen zu können, und viele derjenigen, die dazu in der Lage sind, das Thema entweder nicht interessiert oder sie so sehr 'ideologisch auf der Seite' von Herrn Rieger stehen, dass sie selbst wider besseres Wissen nicht widersprechen würden." Auch das gehört zur Verantwortung eines Admins.

Natürlich wollen wir wissen, wie Frank Rieger zu den Anwürfen steht. Eine Antwort auf unsere Anfrage steht noch aus. Letztlich geht es um einen offenen Diskurs und dazu gehört auch, dass sich Admins und Hacker aneinander reiben.

Update, 25.7.2014, 9:16

Frank Riegers Antwort: "Ich habe bisher kein Schreiben bezüglich einer Strafanzeige erhalten und gehe, falls sie denn überhaupt eingereicht wurde, von einer Einstellung wegen Nichtigkeit beziehungsweise äußerst dürftiger Begründung aus." (dz)