Roboter auf Tramp-Tour: hitchBOT startet mit Rekord

Nicht einmal eine Minute musste der hitchBOT auf seine erste Mitfahrgelegenheit warten. Der autostoppende Roboter ist in Kanada ein Medienphänomen.

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Inhaltsverzeichnis

Sonntagmittag (Ortszeit) hat der hitchBOT in Halifax, Neuschottland, seine große Reise angetreten. Der autonome Roboter möchte quer durch Kanada gelangen, von der Atlantikküste auf die Pazifikinsel Vancouver Island. Und zwar per Anhalter, denn von selbst kann er sich nicht fortbewegen. Ihm gelang ein Bilderbuchstart: Nach nach nicht einmal einer Minute hielt bereits jemand an und nahm den hitchBOT ein Stück des 6000 Kilometer langen Weges mit. Diesen Rekord wird so bald wohl kein autostoppender Roboter brechen.

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Die hilfsbereiten Kraftfahrer waren Anne und Brian Saulnier aus Halifax. Sie waren sofort bereit, den hitchBOT auf ihrem Weg in den Kouchibouguac-Nationalpark in der Nachbarprovinz Neubraunschweig mitzunehmen. Dieser Erfolg war zwar nicht vorbereitet, aber auch nicht ganz zufällig: Die Saulniers kannten den Roboter aus der Zeitung.

Die Medienstrategie der hitchBOT-Erbauer, der Universitätsprofessoren Frauke Zeller und David Harris Smith, ist voll aufgegangen. Ihr Roboter hat nicht nur tausende Follower in den sozialen Medien, alleine auf Twitter sind es über Zehntausend. Er hat es auch in die nationalen und internationalen Nachrichten geschafft. Zumindest in Halifax kennt ihn jedes Kind. Und das Echo ist ungeteilt positiv, wen auch immer man darauf anspricht.

Der Start des hitchBOT (19 Bilder)

Der hitchBOT wartet auf zwei Fernsehteams...

...und eine Nachrichtenagentur. Heise online ist schon da.
(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Auch zum Start am Highway 102 wären gerne viele Journalisten gekommen. Aus Gründen der Verkehrssicherheit waren aber nur vier Medien zugelassen. Der genaue Ort wurde erst unmittelbar vor dem Reiseantritt an einem vereinbarten Treffpunkt verraten.

Leider hat der hitchBOT auch schon einen Trittbrettfahrer: Unter einer ähnlichen Webadresse hat ein nicht am Projekt Beteiligter einige Bilder, Texte und ein Video von der echten hitchBOT-Website übernommen. Darunter wird unter dem frappierend ähnlichen Namen "Hitch Bot" ein "Bausatz" feilgeboten, der schon aufgrund seines geringen Preises unmöglich etwas mit dem Original zu tun haben kann.

Im echten hitchBOT werken ein modifiziertes Android-Tablet samt Mobilfunkmodem sowie ein Arduino. Die beiden Geräte kommunizieren über Bluetooth miteinander. Der Arduino steuert die animierten Grafiken im LED-"Gesicht" des Roboters. Außerdem kontrolliert er jenen Servomotor, über den der Autostopp-Arm des hitchBOT bewegt wird. Ansonsten gibt es keine motorisierten Teile. Dazu kommen noch Akkus und ein Spannungswandler. Außen sind Solarzellen und das erwähnte LED-Display angebracht.

Sollte der hitchBOT unehrlichen Zeitgenossen in die Hände fallen, werden sie mit ihm keinen großen Reibach machen können. Die meisten Bestandteile sind gebrauchte, praktisch wertlose Konsumgüter, wie ein ehemaliger Kübel, kleine Gummistiefel, Haushaltshandschuhe und zerschnittene Schwimmnudeln. "Das Tablet kann nicht mehr normal gebraucht werden", hielt Smith im Gespräch mit heise online fest, "es bootet immer nur die hitchBOT-Software."

Smith, der selbst mehrmals Kanada als Anhalter durchquert hat, vertraut seinen Landsleuten: "Im Großen und Ganzen sind die Leute gut. (Die Menschheit) wäre nicht hier, wenn wir nicht empathisch wären." Und seine aus Deutschland stammende Kollegin Zeller ist geradezu "flabbergasted" (verblüfft) "über die enthusiastische Unterstützung durch die Kanadier. Leute, die ihn nie treffen werden, haben eine emotionale Bindung geschlossen. Der hitchBOT hat schon Unterstützung erfahren, da war er noch gar nicht gebaut."

Aus der Provinz Ontario hat den hitchBOT sogar eine Hochzeitseinladung ereilt. Eine Braut namens Alana hätte ihn gerne nächstes Wochenende als Gast auf ihrer Vermählungsfeier begrüßt. Er wäre zwar ein Aufmerksamkeitsmagnet, aber dafür ein günstiger Gast, begnügte er sich doch mit ein bisschen Strom und bliebe garantiert nüchtern. Da der hitchBOT seine Fahrtroute aber nicht selbst bestimmen kann, ist ihm eine verbindliche Zusage unmöglich. (ds)