Bessere Handy-Ortung für die deutsche Polizei

Präzise Ortung von Mobiltefelefonen durch Mehrwegepeiler soll der Polizei in Zukunft bei der Personenverfolgung helfen.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Detlef Borchers
  • Benjamin Benz

Die Ortung von Mobilfunkgeräten in der Stadt wird durch Reflexionen erschwert. Nun will die Polizei ihre Peiltechnik verbessern.

In Großstädten haben polizeiliche Ermittler oftmals große Schwierigkeiten, Signale von Mobiltelefonen und anderen "Funkemittern" präzise zu orten, wenn diese Ortung nur über Funksignale erfolgen soll. Von Gebäuden reflektierte oder gedämpfte Funkwellen, behindern die genaue Ortung. Für Kriminalitätsbekämpfung und Terrorabwehr will die Polizei daher aufrüsten. Eine Kleine Anfrage der Linksfraktion zu den 76 neu angeschafften Beweissicherungs- und Dokumentationskraftwagen (BeDokW, PDF-Datei) der Länder- und der Bundespolizei ergab, dass Forschungen über die Mehrwege-Ausbreitung von Funksignalen zu Präzisions-Lokalisierungen führen sollen.

Nach Auskunft der Bundesregierung soll das Foschungsprojekt EILT (Emitter-Lokalisierung unter Mehrwegeausbreitungsbedingungen) der Polizei bei der Ortung helfen. EILT basiert auf einer Doktorarbeit von Vadim Algeier (PDF-Datei) an der TU Ilmenau und wird in Kooperation mit dem Fraunhofer-Institut FKIE, dem Bundeskriminalamt und dem Antennenbauer Medav, einer Tochter des Saab-Konzerns durchgeführt.

Im Jahresbericht 2013/14 des Fraunhofer FKIE (PDF-Datei) wird das Vorhaben im Artikel "Mehrwege für eine genaue Lokalisierung nutzen" so erklärt: "Gute Gründe vorlegen muss die Polizei, möchte sie mit richterlicher Erlaubnis ein Handy orten. Aber auch mit der Erlaubnis in der Tasche ist es dann oft immer noch kein Kinderspiel, das gesuchte Handy nebst Besitzer zu lokalisieren. Zumal dann nicht, wenn sich das Handy nicht »freiwillig« via GPS metergenau orten lässt."

Durch Reflexionen entstandene Mehrwege müssen erkannt und in die Bewegung des zu beobachtenden Funkemitters direkt in der Antenne umgerechnet werden. Dabei helfen neue Tracking-Algorithmen, deren Genauigkeit derzeit mit Hilfe von Simulationssoftware überprüft wird. Die Technik könnte in den 76 deutschen BeDokW-Fahrzeugen eingesetzt werden, die vom Ausrüster Elettronica mit bis auf 4 Metern Höhe ausfahrbaren Antennenmasten ausgestattet sind. Auf diesen Masten sind Medav-Antennen installiert, zudem HDTV-Kameras und Mikrofone von Vidit Systems.

Der Linken-Abgeordnete Andrej Hunko wollte mit der Kleinen Anfrage eigentlich Aufklärung über die Fähigkeiten der für 4,2 Millionen Euro angeschafften BeDokW-Fahrzeuge bekommen. Er argumentierte, die Öffentlichkeit habe ein Recht zu erfahren, welche Anwendungen etwa bei einer Demonstration zum Einsatz kommen. Darauf erklärte die Bundesregierung in ihrer Antwort: "Die Aussage, die Fahrzeuge werden zur Überwachung und Kontrolle von Versammlungen und Aufzügen aus der Distanz eingesetzt, ist nicht zutreffend. ... Angaben zu technischen Einzelheiten lassen Rückschlüsse auf die polizeiliche Verwendung des BeDoKw und in Folge auf taktische Fähigkeiten sowie Einsatzkonzeptionen der Polizei zu. Technische Details von Führungs- und Einsatzmitteln der Polizei wurden in der Vergangenheit dazu genutzt, Angriffe auf Fahrzeuge der Polizei vorzubereiten sowie polizeiliche Einsatzmaßnahmen zu verhindern bzw. zu erschweren. Die Einsatzfähigkeit der Polizei kann bei einer Beantwortung der Fragen in offener Form gefährdet sein."

Aus diesem Grunde wurde der Großteil der Antworten als "Verschlusssache Nur für den Dienstgebrauch" eingestuft und sind damit nicht öffentlich zugänglich. Nur die Forschung zur Analyse der Mehrwege-Ausbreitung blieb übrig.(Detlef Borchers) / (bbe)