Gamescom: "Alien Isolation" liefert feinsten Retro-Horror in Surround-Sound

Mit dem Schleichspiel "Alien: Isolation" reist Sega zurück in die 70er, als Raumschiffmonitore noch mit Röhren betrieben wurden, und jagt dem Spieler in 5.1-Surround panische Angst ein.

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Bei der Gestaltung der Charaktere und der Raumstation achteten die Designer auf viele kleine Details, die den damaligen Film aus den 70ern zum Sci-Fi-Klassiker machten.

(Bild: Sega)

Nach dem Colonial-Marines-Desaster hat der Publisher Sega verstanden, dass er seine Alien-Spiele anders konzipieren muss. Statt auf wildes Geballere setzt Alien: Isolation deshalb auf die gute alte Angst im Dunkeln, die schon 1979 Kinobesucher im ersten Alien-Film von Ridley Scott in Panik versetzte. Der Erstling war damals ein düsterer, atmosphärischer Horror-Film, in dem nicht hunderte, sondern ein einziges Alien eine ganze Schiffs-Crew in Atem hielt, sie nach und nach dezimierte. Die Crew-Mitglieder waren damals keine Super-Rambos, sondern einfache Techniker und Ingenieure, die sich den Xenomorph mit selbstgebastelten Bewegungsmeldern und Flammenwerfern vom Halse halten wollten.

Im Weltraum war Low-Tech trumpf: Die Monitore wurden noch mit echten Röhren betrieben und Computer mit Steckkarten gefüttert. Im Unterschied zu Star Wars war die Zukunft in Alien dreckig und düster. Diese dunkle Retro-Atmosphäre fängt auch Alien Isolation ein. Schon das Interface der Konsolen versetzt Computer-Oldies in die Zeit, als die Maus noch nicht erfunden worden war. Die Texturen und Figuren mögen vielleicht nicht die detailliertesten sein, aber sie haben sehr viel Stil und formen eine Welt aus einem Guss.

Die Geschichte versetzt den Spieler in die Rolle von Ripleys Tochter Amanda, die 15 Jahre nach dem Film auf einer Raumstation nach dem Verbleib ihrer Mutter forscht (die derweil irgendwo im Kälteschlaf im Weltraum treibt). Doch auf der Raumstation verschwinden nach und nach Bewohner auf seltsame Weise. Offenbar hat sich dort ein Alien eingenistet, das nun auch Amanda jagt.

Entwickler Creative Assembly stellt gleich zu Anfang der Präsentation klar: "Man kann das Alien nicht töten. Man kann sich nur vor ihm verstecken und versuchen, es abzulenken, während man auf der Station ums Überleben kämpft." Doch dazu muss Amanda sich erst einmal ihre Hilfsmittel basteln. Aus einem Lautsprecher und einer Batterie wird eine Geräuschquelle, die das Alien einige Sekunden anlockt. Der berühmte Bewegungssensor zeigt dem Spieler mit einem "Ping" auf einem grünen Radar, in welcher Richtung sich etwas bewegt. Doch er kann entweder nur das Radar oder die Umgebung scharf sehen, muss sich also stets entscheiden, woran er sich orientiert.

Der altbackene Tracker ist der wichtigste Überlebenshelfer des Spielers. Er kann entweder nur ihn oder die Umgebung scharf sehen.

(Bild: Sega)

Das Wichtigste sind aber die Geräusche, die man am besten auf einer 5.1-Surround-Anlage zur Geltung kommen. Dann achtet man genau darauf, aus welcher Richtung ein Geräusch kommt, das vielleicht vom Alien verursacht wurde – genau weiß man das erst, wenn es zu spät ist. Auch ohne Krawumm ist der Surround-Sound ganz großes Horror-Kino und trägt die halbe Miete zur Atmosphäre bei.

Die Entwickler lassen das Alien nicht nach einem vorgegebenen Skript durch die Raumstation streifen, sondern der K.I. völlig freien Lauf. Und dass Creative Assembly sich auf K.I. versteht, haben die Entwickler bereits in der Total-War-Reihe bewiesen. Der Spieler muss in den Gängen also immer auf der Hut sein, sich nach allen Seiten absichern und eventuell schnell in einen Wandschrank springen. Bloß keinen Schuss abgeben oder andere Geräusche verursachen, weil die das Alien sofort anlocken. Das ganze wird so spannend inszeniert, dass man bereits schwitzige Hände bekommt, wenn man dem Entwickler nur beim Spielen zusieht. Des öfteren wird er vom Alien überrascht und muss an der letzten Speicherstation (freies Speichern ist aus Spannungsgründen nicht möglich) neu starten. Aber bei jedem Durchgang kann das Alien wieder an anderer Stelle auftauchen.

Neben dem Alien entpuppen sich auch die menschenähnlichen Androiden an Bord als gefährliche Gegner für Amanda, die ihr kämpferisch weit überlegen sind. Nur mit List und Tücke kann sie an ihnen vorbeischleichen, genau wie beim Alien sind ihre Wege unberechenbar.

Das düstere Schleichspiel weckt Erinnerungen an die beiden System-Shock-Titel aus den 90ern, obwohl Alien nicht so textlastig ist und man weniger an Puzzles und im Inventar fummeln muss.

Die Kampagne des reinen Solo-Spiels ist in drei Kapitel aufgeteilt und soll je nach Spielweise und Schwierigkeitsgrad (auf dem leichtesten hört und sieht das Alien etwas schlechter und reagiert langsamer, ist aber ebenso tödlich) nach Angaben der Entwickler etwa 20 bis 25 Stunden dauern.

Atmosphärisch machte die gezeigte Version einen hervorragenden Eindruck. Alien war eines der wenigen Gamescom-Spiele, das unsere Erwartungen weit übertraf. Und das Beste: Fans von düsteren Horror-Survival-Adventures und alten Sci-Fi-Filmen müssen nicht bis 2015 warten, sondern können schon ab dem 7. Oktober das vom erst kürzlich verstorbenen Hans Rudolf Giger entworfene Monster wiedersehen – wahlweise auf der PS3/4, Xbox 360/One oder auf Windows.

Creative Assembly hat zu Demozwecken zudem eine Test-Version des Spiels auf die Oculus-Rift portiert. Derzeit stehe das Unternehmen mit Oculus in Verhandlung, ob und wie das Spiel für die VR-Brille umgesetzt werden soll, wenn diese in vielleicht ein bis zwei Jahren in den Handel kommt. Das Genre und das Szenario würden sich mit den langsamen Erkundungen und unvorhersehbaren Schreckmomenten ideal für eine VR-Umsetzung eignen. Alien Isolation hätte das Potenzial, ein System-Seller für die Rift zu werden. (hag)