Wie langsam das Auto klein reguliert wird

Klein wird fein, auch in der automobilen Oberklasse. Damit treten die Premiummarken immer mehr in Konkurrenz zu den Massenherstellern. Mal sehen, wer den Kampf gewinnen wird.

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Von
  • Martin Kölling

Klein wird fein, auch in der automobilen Oberklasse. Damit treten die Premiummarken immer mehr in Konkurrenz zu den Massenherstellern. Mal sehen, wer den Kampf gewinnen wird.

Die Fahrzeugoberklasse wird zu einem spannenden Marktgebiet. In den vergangenen Jahren sind die deutschen Marken zum Inbegriff des automobilen Luxus geworden. Bei Toyotas Premiummarke Lexus spricht man beispielsweise von sich und den "German Three", also Audi, BMW und Daimler. Doch es ist durchaus möglich, dass die Aushängeschilder in den kommenden Jahren deutlich stärker durchgeschüttelt werden, denn die Straßen werden holpriger.

In Deutschland etwa demografisch: Die geburtenstarken Jahrgänge, die jetzt die Managementpositionen besetzen und sich Luxus leisten können, gehen irgendwann in Rente – und schwupps – verkleinert sich der Heimatmarkt. Und darüber hinaus schreibt der Staat der Industrie und den Kunden immer stärker vor, welche Autos sie sich in Zukunft zu wünschen haben.

Vor kurzem sprach ich mit dem Vize-Chef von Toyotas Premiummarke Lexus, Mark Templin, über diesen Trend. "Neue amtliche Regeln zwingen die Menschen zu kleineren Autos", meinte er. Etwa neue Abgasvorschriften sorgen dafür. Und in Japan die schon lange gewichtsabhängige Steuer und die steuerliche Bevorzugung von Kleinstmobilen mit maximal 660 Kubikzentimetern Hubraum – und begrenzter Länge wie Breite.

Und gerade in den Zukunftsmärkten Asiens wird Raum auch auf der Straße immer mehr zum Luxus. Der Trend sei halt, dass die Städte größer würden und die Regierungen gegen den Verkehrsinfarkt anregulierten, so Templin. Und gerade für die Oberklasse wird dies ein Problem, denn die potenzielle Kundschaft der Zukunft wohnt eben in jenen asiatischen Megacities, deren Einwohnerschaft immer mehr in zweistelligen Millionen-Einwohnern-Kategorien gerankt werden wird. Je kleiner die Autos werden, desto mehr Wettbewerber vom Massenmarkt gibt es – und desto größere Schwierigkeiten, sich gegen diese Masse abzusetzen.

Die Flut von BMW-1ern und A-Klasse-Fahrzeugen von Mercedes ist die schon deutliche Antwort auf den Trend. Auch Templin denkt in die Richtung, Luxus im kleineren Paket zu höheren Preisen auf die Straße zu lassen. "Kleiner heißt nicht billiger", ist seine Idee, die er im Markt durchzusetzen versucht. Aber es wird spannend werden, wie gerade Großkonzerne wie Volkswagen, Nissan, Honda oder Toyota ihre Premium-Labels in den kompakteren Segmenten von ihren Kernmarken abgrenzen werden.

Wie viele Kunden werden bereit sein, viel mehr für – zugegeben – sehr feine, handvernähte Ledersitze und Oberflächen von Armaturen im neuen Lexus NX zu zahlen, einem Kompakt-SUV? Wie sehr werden sich die Marken gegenseitig Kunden abgreifen? Denn auch die Massenmarken sind beileibe nicht minderwertig.

Beispiel Japan: Hier kreuzen jetzt sogar die Kei-Car genannten Kleinstmobile in verdammt ansehnlicher Aufmachung und Ausstattung auf den Straßen. Elektronische Stabilisierung wird immer üblicher, neuerdings auch Notbremssysteme. Ganz ehrlich: Wenn ich mich dazu entschließen würde, ein Auto zu kaufen, würden einige der kleinen Flitzer wie der Honda NBox auf meiner Einkaufsliste direkt mit Oberklasselimousinen konkurrieren. Ich nannte Hondas Gefährt im Handelsblatt einmal "den Mini für den anspruchsvollen Vorstandsboss".

Die kleinen sind pfiffig, ideal für Stadt und inzwischen auch bequem genug für Überlandfahrten. Die großen Boliden mag ich wegen des verwöhnenden Umfeldes und der Fahrleistung. Beide versprechen neben Nutzwert Spaß. Und darum würde es mir gehen beim Autokauf. Denn für die gelegentlichen nutzwertigen Fahrten zum Großeinkauf oder für dienstliche Reisen lohnt sich kein Autobesitz. Da greife ich kostengünstiger und extrem utilitaristisch auf ein Auto in meinem Car-Sharing-Club oder einen Leihwagen zurück. Ich bin mal gespannt, wie gerade die deutschen Premiummarken die kommenden Stöße abfedern werden. (bsc)