Kommentar zur Digitalen Agenda: Leere Phrasen statt politischer Entscheidungen

Mit ihrer Digitalen Agenda hat die Bundesregierung gezeigt, dass ihr der Wille zur Gestaltung fehlt. Der Auftritt der drei Internetminister mit leeren Phrasen hat nach Meinung von Falk Steiner gezeigt, dass Angela Merkel noch einmal nachdenken sollte.

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  • Falk Steiner
Ein Kommentar von Falk Steiner

Falk Steiner ist Journalist in Berlin. Er ist als Autor für heise online, Tageszeitungen, Fachnewsletter sowie Magazine tätig und berichtet unter anderem über die Digitalpolitik im Bund und der EU.

Die "Digitale Agenda" der Bundesregierung liegt vor. Es ist einfach festzustellen, was sie nicht ist: eine klare Agenda. Der Innenminister nennt sie ein "Hausaufgabenheft", doch an konkreten Aufgaben steht dort kaum etwas drin.

Die Digitale Agenda ist kein Heft des Handelns, sondern in erster Linie eine Bestandsaufnahme der Problemlage und der Möglichkeiten, die im Raum stehen könnten. Nur wenige der Probleme sind konkret mit Lösungsvorschlägen versehen. Einige der Ideen darin schließen sich sogar gegenseitig aus – wie ein Mehr an Anonymität und der Wunsch nach unvereitelbarer Strafverfolgung. Gerade dieses Beispiel zeigt deutlich, woran es der Digitalen Agenda fehlt: wahrhaft politischen Entscheidungen.

Denn die Debatten, um die es geht, sind im Kern Jahre oder gar Jahrzehnte alt. Ob Innere Sicherheit, Datensicherheit, Datenschutz, Urheberrecht, Netzneutralität, Breitbandausbau – keines der Themen ist vom Himmel gefallen. Doch offenbar ist es von den drei Internetministern zu viel verlangt, klare Entscheidungen zu treffen. Weshalb sich alle Beobachter fragen müssen, ob ihre Erwartungshaltung nicht zu groß war.

Die Digitale Agenda der Bundesregierung

Die Digitale Agenda der Bundesregierung, vorgestellt von den drei "Internetministern" Innenminister Thomas de Maizière, Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel und Infrastrukturminister Alexander Dobrindt, soll Leitlinien für den weiteren Weg Deutschlands in die digitale Welt aufstellen. Zu den Vorhaben und Absichtserklärungen der Digitalen Agenda im Einzelnen:

Es war zu erahnen. Erlaubt ist aber auch ein ganz anderer Schluss: Die drei Internetminister – von denen der Leerrohrminister Alexander Dobrindt noch am ehesten auszunehmen ist, da er außer im Breitbandausbau kaum etwas zu entscheiden hat – haben unter Beweis gestellt: Sie sind einfach keine "Internetminister". Da hilft es auch nichts, sich wie Sigmar Gabriel hinzustellen und zu sagen, dass die Digitale Agenda natürlich nicht der Weisheit letzter Schluss sei und auch gar nicht diesen Anspruch habe. Da hilft es erst recht nichts, wenn Thomas de Maizière auch 2014 noch einmal betont, dass das Internet kein rechtsfreier Raum sei.

Woran es fehlt, das ist der Wille zur Gestaltung, gepaart mit einem klaren Verständnis dafür, wie das Netz und IT funktionieren und wo die Herausforderungen liegen, wie das, was heute noch als selbstverständlich gilt, morgen vielleicht anders und vor allem besser werden kann. Doch genau das fehlte offensichtlich: Weder der Wille noch der Wunsch waren während der Präsentation der Agenda erkennbar, die Digitalisierung positiv anzugehen und als Chance zu begreifen, politisch tätig zu werden.

Es ist Zeit für Angela Merkel, doch noch einmal nachzudenken, ob nicht ein einzelner Internetminister am Ende die bessere Wahl wäre als die drei, die sich heute nach Kräften mit leeren Phrasen blamierten. Sie haben ihre Chance gehabt. Wenn die Digitale Agenda nicht bald mit Leben erfüllt wird, muss es sonst für die Bundesregierung bald heißen: Setzen, sechs! (anw)