Steife Oberlippen, saure Augenbrauen und fliegende Klaviere

Außer Kontrolle

Der Start der neuen Dr. Who-Staffel wird für Fox und BBC peinlich. Denn die gelieferten deutschen Untertitel zeugen von Ignoranz, mangelnder Sorgfalt und wenig Liebe zur Serie.

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Die 8. Staffel der Serie Dr. Who wurde vielerorts mit Spannung erwartet. In Deutschland kündigte der Sender Fox an, die 8. Staffel rechtzeitig zur Weltpremiere beginnen zu können, doch ein altbekanntes Problem fungierte als Stein im Getriebe: ein Leak.

Das Drehbuch zur neuen Staffel war an die Öffentlichkeit gedrungen und die BBC bemühte sich nicht nur darum, an die Freunde der Serie zu appellieren, nichts darüber weiterzugeben, sondern erhöhte auch die Sicherheitsvorkehrungen. Dies führte laut BBC auch zu Verzögerungen in der Materiallieferung und der Synchronisation.

Die Freude darüber, dass Fox zumindest die Originalfassung zeitgerecht liefern konnte, dürfte bei den Freunden der Serie insofern groß gewesen sein. Dass die BBC garantierte, zeitgerecht zwar keine synchronisierte, aber eine mit Untertiteln ausgestattete Fassung zu liefern, welche jeweils eine Woche nach der Originalepisode den deutschen Zuschauern präsentiert werden könnte, wurde ebenfalls goutiert.

Auch Menschen, die über gute Englischkenntnisse verfügen, haben mit Originalfassungen häufig Probleme, da die diversen Dialekte und Akzente schwer zu verstehen sind. Peter Capaldi, der neue Darsteller des Doktors*, spricht oft sehr schnell - gerade in der ersten Folge, in der er noch eine gewisse Hysterie und Panik ob des neuen Aussehens zeigt, ist seine Sprache für Ungeübte eine Herausforderung. Die deutschen Untertitel versprachen da wenigstens nachträglich die Möglichkeit, die Folge möglichst lückenlos zu verstehen.

Saure Augenbrauen


Doch als am 30 August 2014 dann die Folge "Deep Breath" mit Untertiteln versehen gesendet wurde, war das Ergebnis ernüchternd. Die Untertitel schienen eher an Untertiteln für Menschen mit Hörproblemen orientiert zu sein, sie gaben oft gerade einmal einige wichtige Punkte wieder, keineswegs aber die kompletten Sätze oder Texte.

Dass ein Wortwitz nicht übersetzt werden konnte, ist nachvollziehbar - doch einige Übersetzungen lassen darauf schließen, dass seitens der BBC nicht einmal versucht wurde, eine möglichst genaue deutsche Übersetzung anzubieten. Die Qualität der Texte erinnerte manchmal eher an die Texte, die Übersetzungsprogramme liefern (bzw. Personen, die der Sprache nur bedingt mächtig sind und sich auch nicht bemühen, die Feinheiten zu beachten). Bei einigen Übersetzungen war es sogar schwierig, überhaupt zu verstehen, was gemeint war. Als Beispiel mögen hier die "sauren Augenbrauen" dienen, die der Doktor an sich selbst bemängelte.

Hier muss man für diejenigen, die Dr. Who nicht kennen, ergänzen, dass der Doktor sich nach einer gewissen Zeit regeneriert, was ein neues Erscheinungsbild bedeutet. Vom jugendlichen Matt Smith hin zum (im Vergleich) doch schon älteren Peter Capaldi war es insofern ein weiter Weg - und der Doktor reagierte dementsprechend verwirrt (und auch entnervt) auf seine neues Aussehen. Sein Gesicht sei, so sagte er im Film, ja bis zu den Augenbrauen ganz in Ordnung. Aber die Augenbrauen! Die Augenbrauen seien eben "sauer".

So jedenfalls die deutschen Untertitel Es bedurfte eines kleinen geistigen Schlenkers, um darauf zu kommen, dass der Doktor* die neuen Brauen keineswegs als "cross", sondern als "gross" bezeichnete - was soviel wie ekelig, grotesk oder wahlweise auch massiv bedeuten kann. Da des Doktors* Gesprächspartner sinngemäß erwiderte, dies seien schon mächtige Augenbrauen, wäre "massiv", genauso wie "ekelig" insofern eine passende Übersetzung gewesen. Der Übersetzter scheint jedoch "cross" statt "gross" herausgehört und aus dem "to be cross with someone" (auf jemanden böse/sauer) sein, das "sauer" entnommen zu haben. So wurden also aus großen oder ekelig-grotesken Augenbrauen die sauren Augenbrauen.

Austreten, bitte...


"You keep passing out" (du wirst dauernd ohnmächtig) wurde mit einem überragend unzutreffenden "du trittst dauernd aus" übersetzt. Zwar wird "to pass out" auch mit "austreten" übersetzt, doch war im Film eindeutig, dass sich des Doktors* Begleiterin darum sorgt, dass dieser dauernd das Bewusstsein verliert. Solche Fehler häuften sich. Als der Doktor bei einer Art Behandlung "piano" sagte, also ankündigte, dass die nun folgende Behandlung sanft von sich gehen würde, wurde dies mit einer geradezu grandiosen Fehlleistung übersetzt, die daraus resultierte, dass der Doktor kurz zuvor sinngemäß monierte, seine Kopfschmerzen fühlten sich an, als wäre ein Klavier mit an diesen schuld. Das perfekt ausgewählte "piano" als Doppeldeutigkeit wurde vom Übersetzer jedoch nicht erkannt, vielmehr mutierte es zum "Klavier im Anflug". Immerhin wurde allerdings ein geschrienes "Aaaah" mit passendem Untertitel versehen.

Sowohl die BBC als auch Fox scheinen hier wenig Interesse daran zu haben, den deutschen Freunden von Dr. Who einen möglichst ungetrübten Fernsehspaß bieten zu wollen. Von der Liebe zur Serie und zum Detail ist hier jedenfalls wenig zu spüren.

Einen Kreativitätspunkt gilt es allerdings zu vergeben. "You sound so British." wurde mit einer durchaus selbstironischen neuen Vokabel übersetzt: oberlippensteif.

*Obgleich natürlich der Doktor die Hauptrolle in der Serie spielt, wird er lediglich als "der Doktor" bzw. "the doctor" bezeichnet und hat sich auch diesen Namen ausgesucht. So stellt er zwar den Dr. Who dar, doch in der Serie wird er so nicht genannt, es sei denn, die Daleks konfrontieren ihn mit der Frage "Dr. Who? Dr. Who?" etc. Nach einem Hinweis im Forum wurde daher der Text entsprechend verändert und die einheitliche Bezeichnung "Doktor" verwandt. Die veränderten Textteile sind mit einem Sternchen gekennzeichnet um die Änderungen transparenter darzustellen.