Neuseeland: Premier soll über Überwachung gelogen haben

Auch die gesamte Kommunikation Neuseelands wird angeblich überwacht und zwar durch den eigenen Geheimdienst gemeinsam mit der NSA. Premier John Key soll darüber gelogen haben, wird nun passend zum Wahlkampf von Kim Dotcom enthüllt.

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Der neuseeländische Geheimdienst GCSB soll 2012 und 2013 daran gearbeitet haben, ein Massenüberwachungsprogramm für Verbindungsdaten einzurichten, obwohl Premierminister John Key das stets bestritten hat. Das berichtet The Intercept unter Berufung auf Dokumente aus dem Fundus von Edward Snowden und will damit offenbar Einfluss auf die anstehende Parlamentswahl in dem Land nehmen. Den Akten zufolge bereitete der Geheimdienst das Sammeln aller Metadaten der neuseeländischen Kommunikation vor, während ein Gesetz ausgearbeitet wurde, das genau das legitimieren sollte. Dass dies der Zweck des Gesetzes war, habe John Key aber immer bestritten. Trotz Kritik war es 2013 verabschiedet worden.

Das Southern Cross Cable ist einer der wichtigsten Zugangspunkte Neuseelands zum weltweiten Kommunikationsnetz.

(Bild: southerncrosscables.com)

In der ersten Phase eines Programms namens Speargun habe der Geheimdienst gemeinsam mit der NSA Zugangspunkte am Southern Cross Cable installiert, dem wichtigsten Unterseekabel Neuseelands. Danach seien Gerätschaften installiert worden, um die Metadaten der durchfließenden Informationen zu durchkämmen und analysieren zu können. Auch wenn damit die Inhalte der Kommunikation nicht berührt würden, erlaubt die Auswertung, wer mit wem, wann und von wo kommuniziert bereits Aufschluss über jede Menge persönlicher Einzelheiten. Der Geheimdienst habe dies immer in Erwartung der Verabschiedung des Gesetzes getan, während die Politik versichert habe, mit dem Gesetz gehe nicht mehr Überwachung einher.

NSA-Skandal

Die NSA, der britische GCHQ und andere westliche Geheimdienste greifen in großem Umfang internationale Kommunikation ab, spionieren Unternehmen sowie staatliche Stellen aus und verpflichten Dienstleister im Geheimen zur Kooperation. Einzelheiten dazu hat Edward Snowden enthüllt.

In einem zugehörigen Artikel erklärt Edward Snowden, er selbst sei bei seiner Arbeit für die NSA auf Daten gestoßen, die aus Neuseeland stammen: "Wenn Sie in Neuseeland leben, werden sie überwacht." Alle anderslautenden Behauptungen des Premierministers seien falsch. So gebe es doch in XKeyscore extra einen Haken, um bei einer Suche Material aus den Staaten der Five Eyes (USA, Großbritannien, Kanada, Australien und Neuseeland) nicht zu durchforsten. Welchen Sinn hätte solch ein Haken, wenn gar keine Daten aus Neuseeland dabei wären, fragt Snowden rhetorisch.

Der vorab über den Artikel informierte Premierminister reagierte am Montag umgehend auf die Anschuldigungen. Wie der New Zealand Herald berichtet, weist Key die Behauptungen kategorisch zurück. "Es gibt kein und hat nie ein Überwachungsprogramm mit Zugang zu Unterseekabeln in Neuseeland gegeben," zitiert ihn die Zeitung. Außerdem "gibt es es kein und hat nie eine Massenüberwachung von Neuseeländern durch den GCSB gegeben." Wie dies bei Dementis im NSA-Skandal aber schon so oft der Fall war, könnte die Wortwahl, den Bericht im Grundsatz bestätigen. So muss der Zugang zu den Kabeln nicht zwangsläufig auf neuseeländischem Hoheitsgebiet erfolgen und die Überwachung könnte durch die befreundeten Geheimdienste erfolgen.

Die Enthüllung erfolgte wenige Tage vor der anstehenden Parlamentswahl in Neuseeland. Die finden am kommenden Samstag statt und zur Wahl steht auch die neu gegründete Internetpartei des Megaupload-Gründers Kim Dotcom. In Vorbereitung dafür hatte Dotcom am heutigen Montag zu einer Veranstaltung unter dem Titel "Moment der Wahrheit" eingeladen. Auf dem Podium saß dabei neben Dotcom der Enthüllungsjournalist Glenn Greenwald. Außerdem wurden Edward Snowden aus Russland und Julian Assange aus London zugeschaltet. Die erneuerten dort den Vorwurf, ganz Neuseeland werde überwacht.

Zuvor hatte Dotcom der neuseeländischen Zeitung eine E-Mail zugespielt, die zeigen soll, dass Kevin Tsujihara, dem Chairman von Warner Bros Ende Oktober 2010 zugesichert wurde, Neuseeland werde Dotcom aufnehmen und dann an die USA ausliefern. Hollywood kämpfte damals noch gegen Megaupload, das Filesharing-Unternehmen von Dotcom. Dieses Versprechen soll Tsujihara von John Key erhalten haben, als man über Gesetzesänderungen verhandelte, um die Produktion der Hobbit-Trilogie im Land zu halten. Sowohl Warner Bros als auch John Key erklärten umgehend, die E-Mail sei eine Fälschung.

Der New Zealand Herald schreibt, dass die E-Mail – sollte sie tatsächlich echt sein – einige Behauptungen von Kim Dotcom untermauern würde. So habe sich der Security Intelligence Service des Landes eigentlich dagegen ausgesprochen, Dotcom eine Aufenthaltsgenehmigung zu erteilen. Die Behörde hatte erfahren, dass das FBI gegen den Internetunternehmer ermittelte. Gegen diese Empfehlung sei aber auf "politischen Druck" hin doch die Aufenthaltsgenehmigung erteilt worden. Die E-Mail soll nun beweisen, dass auf höchster Ebene die Auslieferung Dotcoms forciert wurde. John Key bestreitet jedoch, vor der Razzia bei Dotcom von dem Deutschen gehört zu haben. (mho)