BRICS-Staaten sehen Angriffe auf Syrien kritisch

Deutlich Worte aus Russland, Vorbehalte auch in China. UN-Generalsekretär besorgt über zivile Opfer

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Die andauernden Angriffe der US-Armee auf Ziele in Syrien haben unter den BRICS-Staaten zwiespältige Reaktionen hervorgerufen. Vor allem Russland und China stehen dem von US-Präsident Barack Obama vor der UN-Vollversammlung verteidigten Interventionismus kritisch gegenüber.

Das russische Außenministerium hat diese ablehnende Haltung in einem Kommuniqué deutlich formuliert. Man wolle daran erinnern, dass auch die Raketen- und Luftangriffe auf Stellungen der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) in Syrien nur auf der Basis des Völkerrechtes durchgeführt werden dürften, heißt es im der Stellungnahme aus Moskau. Das bedeute, dass die Angriffe nicht auf Basis einer unilateralen Entscheidung durchgeführt werden dürfen, sondern die ausdrückliche Zustimmung der syrischen Regierung oder eine rechtlich relevante Entscheidung des UN-Sicherheitsrates erfordern. Die USA hatten die Führung in Damaskus über die bevorstehenden Angriffe lediglich informiert.

Ganz so deutlich war die Ablehnung aus China nicht. Beijing unterstützt auf der einen Seite den Kampf gegen den IS – auch wegen Erkenntnissen über die Unterstützung der Gruppierung für terroristische Strukturen im eigenen Land. Auf der anderen Seite sorgt auch in China die einseitige Entscheidung der USA, Ziele in Syrien anzugreifen, für Kritik. Im Fall von Irak hatten sich die Chinesen noch durch die explizite Bitte der Regierung in Bagdad besänftigen lassen – auch wenn diese ohne einen Beschluss der zuständigen UN-Gremien streng genommen keine rechtliche Relevanz besitzt. Im Fall Syriens sorgt das demonstrative Übergehen der politischen Führung des Landes aber für Ablehnung, zumal Damaskus explizit gefordert hatte, in militärische Planungen im Kampf gegen den IS im eigenen Land einbezogen zu werden. Auch wenn die Kritik aus Bejing nach Beginn der Angriffe nicht so deutlich ausfiel wie im Fall Russlands, verwies die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua ausdrücklich auf die Moskauer Position.

Angesichts der Kritik aus den BRICS-Staaten und anderen Ländern des Südens versucht die US-Regierung, dem militärischen Vorgehen Legitimation zu verleihen. Die Rede von Obama vor den UN-Mitgliedsstaaten ist sicherlich Teil dieses Vorgehens, aber auch die explizite Einbindung von Regionalstaaten gehört dazu. Nach US-Angaben unterstützen fünf Verbündete (Saudi-Arabien, Jordanien, Katar, die Vereinigten Arabischen Emirate und Bahrain) die Bombenkampagne. Ob die Auswahl der diktatorisch regierten Staaten dem Vorgehen einen demokratischen Anstrich zu geben vermag, ist fraglich.

Kritiker hat die Allianz jedenfalls wenig beeindruckt, zumal militärisch nur die USA in Erscheinung treten. Auch ein Brief der irakischen Führung an die UNO vom 20. September kann ein militärisches Vorgehen nicht legitimieren, schrieb selbst die New York Times in einem Kommentar. China und Russland werden als ständige Mitglieder des UN-Sicherheitsrates die US-Politik im arabischen Raum kritisch begleiten.

In einem ersten Statement gab Chinas Außenamtssprecherin Hua Chunying der Hoffnung Ausdruck, dass sich die Zahlen ziviler Opfer durch die US-Angriffe in Grenzen halten. China unterstütze zwar den internationalen Kampf gegen den Terrorismus, entsprechende Maßnahmen müssten aber auf der Basis der UN-Charta durchgeführt werden, so Hua. Geschehe dies nicht, drohe sich die ohnehin schon schwierige Situation weiter zu verschärfen.

Ähnlich äußerte sich das russische Außenministerium. Der Kampf gegen den Terror benötige gemeinsames internationales Handeln und die Aufsicht der Vereinten Nationen, hieß es aus Moskau. "Jeder Versuch, (unter dem Vorwand des Kampfes gegen den Terrorismus) eigene geopolitische Ziele zu verfolgen und die Souveränität der Staaten in der Region zu verletzten, kann die bestehenden Spannungen nur verschärfen und die Situation weiter zuspitzen", heißt es in dem Kommuniqué des russischen Außenministeriums. Dafür seien dann diejenigen verantwortlich, die einseitig Gewalt angewendet haben.

Unterdessen hat auch UN-Generalsekretär die USA und ihre Verbündeten aufgefordert, sich bei den Angriffen auf Stellungen des IS in Syrien an geltendes Völkerrecht zu halten. Ban bedauerte am Dienstag in New York, dass bei den Angriffen in der Nacht von Montag auf Dienstag offenbar auch Zivilisten getötet wurden. Der UN-Generalsekretär forderte die USA auf, alles ihr Mögliche zu unternehmen, um die Zahl der zivilen Opfer so gering wie möglich zu halten. Zuvor hatte Russlands Präsident Wladimir Putin mit Ban telefoniert und die Position seiner Regierung mitgeteilt.

In den USA ist das Vorgehen der Obama-Regierung indes auch nicht unumstritten. In einem Kommentar sprach die New York Times von einer "falschen Wendung" und kritisierte den "nicht überzeugenden Plan" Obamas. Weil die Angriffe ohne vorherige öffentliche Debatte begonnen wurden, könne sich die für die US-Regierung noch günstige Stimmung bald verändern, prognostizierte das Blatt.