Australien: Geplantes Gesetz erlaubt die Überwachung des Internets und stellt Whistleblowing unter Strafe

In Australiens Parlament wird gegenwärtig eine Gesetzesänderung beraten, die so formuliert ist, dass sie dem Nachrichtendienst eine komplette Internet-Überwachung erlaubt. Angeblich zum Schutz vor Terrorismus müssten Freiheitsrechte beschränkt werden.

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Geplante Gesetzesänderungen könnten Australiens Nachrichtendienst ASIO (Australian Security Intelligence Organisation) dazu befugen, mit richterlicher Erlaubnis das gesamte (australische) Internet zu überwachen. Auf diese Konsequenz eines Gesetzesentwurfs, das derzeit im Parlament beraten wird, macht der Sydney Morning Herald aufmerksam. Wie die Zeitung erklärt, wird in dem Entwurf die Definition von Computer (als zu überwachendes Gerät) auf Computernetzwerk erweitert. Diese Formulierung aber sei so offen, dass sie beispielsweise auch das gesamte Internet umfasse.

In Australien darf der Geheimdienst wohl bald ganz legal das Internet überwachen.

(Bild: dpa, Jens Wolf/heise online)

Neben dieser massiven Erweiterung der Kompetenzen des ASIO gibt es in der Gesetzesvorlage auch Stellen, die sich explizit gegen Whistleblower, aber auch Blogger oder Journalisten richten – wenn diese Informationen über besondere Geheimdienstoperationen ("special intelligence operations") öffentlich machen. Dafür seien Gefängnisstrafen von bis zu zehn Jahren vorgesehen. Entschärft wurde in dem Gesetzentwurf lediglich eine Formulierung, unter der ASIO-Agenten nicht wegen ausgeübter Folter hätten belangt werden können. Zuerst war diese Auslegung als "Erlaubnis der Folter" vom Justizminister als "absoluter Blödsinn" zurückgewiesen worden, bevor dann doch der Text geändert wurde.

Im Parlament wurde bereits die Kritik laut, man werde geradezu eingeschüchtert, den Text schnell zu verabschieden; dabei gebe es "wenige bis gar keine Grenzen für die Überwachung" und keinen ausreichenden Schutz der Privatsphäre, meint etwa der Grünen-Abgeordnete Scott Ludlam. Justizminister George Brandis meint dagegen, die Durchsuchungsbefehle könnten nicht auf eine bestimmte Anzahl zu überwachender Geräte begrenzt werden, weil ja nicht bekannt sei, welchen Zugang der Geheimdienst künftig benötige.

Insgesamt finden die Beratungen der geplanten Gesetzesänderung in Australien in einer aufgeheizten Atmosphäre statt. Erst vor wenigen Tagen hatte Premierminister Tony Abbott erklärt, angesichts der Gefahr durch den Islamischen Staat und dessen Anhänger im eigenen Land müsse die "heikle Balance zwischen Freiheit und Sicherheit für eine Weile" verschoben werden. Einige Freiheiten müssten eingeschränkt werden, um eine unmissverständliche Botschaft an jene Australier zu senden, die sich terroristischen Vereinigungen angeschlossen hätten.

Sie würden die volle Härte des Gesetzes zu spüren bekommen, zitiert der Sydney Morning Herald. Dabei geht es demnach um Reisebeschränkungen in bestimmte Gegenden – etwa in Syrien – ohne einen guten Grund dafür. In Australien selbst wurde dann vergangenen Dienstag ein 18-Jähriger getötet, nachdem er einen Polizisten mit einem Messer attackiert hatte. Es wird vermutet, dass er ihn töten und enthaupten wollte, da ihn islamistische Terroristen dazu aufgefordert hätten.

NSA-Skandal

Die NSA, der britische GCHQ und andere westliche Geheimdienste greifen in großem Umfang internationale Kommunikation ab, spionieren Unternehmen sowie staatliche Stellen aus und verpflichten Dienstleister im Geheimen zur Kooperation. Einzelheiten dazu hat Edward Snowden enthüllt.

In diesem politischen Klima stellen sich demnach bislang nur die oppositionellen Grünen und die Liberaldemokraten gegen die National Security Legislation Amendment Bill, mit der die Überwachungsbefugnisse ausgeweitet werden soll. Die ebenfalls oppositionelle Australian Labor Party hat bereits ihre Zustimmung signalisiert, genauso wie die Palmer United Party. Ein rascher Weg durch das Parlament scheint damit sicher. Noch sei aber unklar, ob das Gesetz in dieser oder erst der kommenden Woche verabschiedet wird.

Im Kontext der Snowden-Veröffentlichungen ist zu beachten, dass westlichen Geheimdiensten in den vergangenen Monaten mehrmals vorgeworfen wurde, aktiv auf Gesetzesänderungen hinzuwirken, um mehr Überwachung zu legitimieren. Der Datenschutz wäre dabei nur hinderlich. So hatte Edward Snowden behauptet, die Bundesrepublik habe das G-10-Gesetz geändert, um der NSA entgegen zu kommen. Die Befugnisse des ASIO in Australien könnten nun ebenfalls derart ausgeweitet werden, um entweder eigene Überwachungswünsche zu erfüllen oder Bitten ausländischer Partner nachzukommen. Im Rahmen der Geheimdienstallianz Five Eyes arbeiten US-Geheimdienste mit ihren australischen Partnern besonders eng zusammen. (mho)