Erdogans syrische Pufferzone

Will Ankaras neuer Präsident an ottomanische Traditionen anküpfen und in den Norden Syriens einmarschieren?

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Polat Can, Sprecher der kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) in Nordsyrien, hat Nachrichten widersprochen, wonach Bomber und Kampfflugzeuge der USA und ihrer Verbündeter Stellungen der IS vor Kobane (arabisch Ain al-Arab) angegriffen hätten. Viele Flugzeuge hätten die Region überflogen, aber bisher seien keine Bomben abgeworfen worden. (Das Interview wurde im Verlaufe des Samstags veröffentlicht.) Das Pentagon erklärte, bei Kobane seien ein Gebäude und zwei Fahrzeuge durch Luftangriffe zerstört worde.

Die Terrororganisation IS, die in den letzten Monaten durch verschiedene Massaker und massenweise Entführungen von Frauen internationale Schlagzeilen gemacht hat, kämpft seit rund zwei Jahren gegen die von der YPG verteidigten Regionen in Syrien. In letzter Zeit hat insbesondere Kobane, das an der türkischen Grenze gelegen und von den anderen syrisch-kurdischen Regionen abgeschnitten ist, unter einer IS-Offensive zu leiden. Can berichtet, dass seit dem Beginn der US-Luftangriffe auf die IS-Stellungen in Syrien, diese alle anderen Operationen eingestellt habe und sich ganz auf die Offensive gegen Kobane konzentriere.

Die Nachrichtenagentur Reuters berichtet derweil von einem "Richtungswechsel" des neuen türkischen Präsidenten Recep Erdogan. Der habe erstmals angekündigt, "türkische Truppen könnten eingesetzt werden, um bei der Einrichtung einer Sicherheitszone in Syrien zu helfen".

Für Polat Can klingt das allerdings eher wie eine Drohung. Jeder wisse, dass die Türkei IS unterstütze, sagt er im oben verlinkten Interview:

"Es gibt einen Deal. IS zieht in Kobane ein und später in die anderen Städte Rojavas [Name der kurdischen Regionen in Syrien]. Danach marschieren türkische Truppen in diese Gebiete ein und bilden eine Puffer-Zone. Das ist der Plan der Türkei. Tatsächlich hat ISIS im Austausch für die von der Türkei erhaltene Hilfe die türkischen Geiseln freigelassen."

Ansonsten schildert Can die Lage in Kobane als dramatisch. Die YPG müsse mit leichten Waffen gegen Panzer und Artillerie kämpfen. Trotzdem würden einige kurdische Parteien, die er aber offensichtlich nicht beim Namen nennen will, gegen Luftangriffe auf die IS-Stellungen argumentieren und der internationalen Öffentlichkeit ein falsches Bild vermitteln. Erstmals soll auch die Innenstadt von Kobane von der IS-Artillerie unter Beschuss genommen worden sein.