Streit über US-Vorkontrollen an deutschen Flughäfen

Washington drängt auf ein Durchleuchten Reisender durch US-Grenzschützer bereits an deutschen Flughäfen. Bei ersten Tests sollen die Abgesandten aus Übersee ihre Befugnisse weit überschritten und zu viele Daten abgefragt haben.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 410 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.

Die USA wollen ihre vergleichsweise strengen Einreisekontrollen an Flughäfen in befreundeten Nationen vorverlagern. Ein offizielles Plazet des Bundesinnenministerium für diese Praxis hierzulande steht noch aus, angeblich haben noch nicht einmal offizielle Beratungen stattgefunden. Trotzdem laufen bereits erste Tests, die bei Fluglinien und Datenschützern zu Unmut führen: Es ist die Rede davon, dass die im Probebetrieb eingesetzten US-Grenzschützer hierzulande ihre Kompetenzen systematisch überschreiten.

Kontrollieren US-Behörden Einreisende künftig schon in Deutschland?

(Bild: Fraport AG Fototeam Stefan Rebscher)

Mehrere europäische Airlines rügen laut einem Bericht des Spiegel, dass Abgesandte der zuständigen US-Behörde Customs and Border Protection" (CBP) noch kurz vor Abflügen in die USA sensible Passagierinformationen einsehen wollten. Die Grenzschützer stellten etwa "regelmäßig Anfragen zu personenbezogenen Daten und Ereignissen, die nicht US-Abflüge betreffen", zitiert das Magazin aus einem Schreiben der Lufthansa an das Innenressort. Fluglinien und auch die Bundespolizei beäugten "das Treiben der CBP mit Unverständnis".

Ein Sprecher der Lufthansa wollte die Meldung gegenüber heise online weder bestätigen noch dementieren: Man befinde sich "im ständigen Austausch mit den deutschen Behörden zu den diversesten sicherheitsrelevanten Themen", hieß es dazu aus Frankfurt. Zu Details oder Inhalten dieser Gespräche "äußern wir uns nicht".

Das Innenministerium hat dem Blatt nach eingeräumt, dass derzeit rund vierzig Vertreter des Department of Homeland Security, dem die CBP untersteht, in Deutschland tätig seien. Diese berieten die Luftfahrtfirmen aber nur an "einigen deutschen Flughäfen" und befragten Passagiere "auf freiwilliger Basis". Hoheitliche Tätigkeiten übten sie nicht aus, sprächen aber "mündliche Empfehlungen" aus. Auf dieser Basis sollen verschiedene Reisewillige am Flugantritt gehindert worden seien.

Die USA verlangen von Fluglinien bereits auf elektronischem Weg vorab umfangreiche Daten in Form der sogenannten Passenger Name Records, zu denen neben Name, E-Mail-Adresse, Telefon-, Konten- und Kreditkartennummern etwa auch Essenswünsche oder Angaben über den gesundheitlichen Zustand der Reisenden gehören. Zudem müssen sich Reisende ohne Visumszwang elektronisch registrieren lassen.

Wenn es nach dem Willen Washingtons geht, sollen US-Grenzschützer Passagieren an deutschen Flughäfen künftig auch Fingerabdrücke abnehmen, Porträtfotos anfertigen und Auskünfte über das Reisevorhaben verlangen dürfen. Bei der Ankunft in den USA würden die entsprechenden Prozeduren dann wegfallen.

Der Wirtschaftswoche zufolge läuft eine derartige Vorkontrolle bereits an 15 Flughäfen in sechs Staaten, darunter befinde sich Irland. Von 2015 an wollten die USA mit weiteren Nationen verhandeln. Das hiesige Innenministerium habe bestätigt, dass die US-Funktionäre das Unterfangen "anlässlich einer Zusammenkunft zu einem anderen Thema angesprochen" hätten. Man habe sich dazu noch nicht abschließend positioniert, stehe „dem Ansinnen gleichwohl äußerst zurückhaltend gegenüber“, habe das Haus von Thomas de Maizière (CDU) durchblicken lassen.

Die Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff kündigte dem Spiegel zufolge an, das Gebaren der US-Grenzschützer auf deutschem Boden prüfen zu wollen. Hamburgs Datenschutzbeauftragter Johannes Caspar habe von einer "verfassungsrechtlichen Grauzone" gesprochen. Sollten US-Beamte faktisch über die Beförderung von Passagieren entscheiden, übten sie "hoheitliche Gewalt" aus, für die es einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage bedürfe. (mho)