Josef Joffe und Jochen Bittner scheitern gegen Die Anstalt (ZDF)

Landgericht Hamburg hebt einstweilige Verfügungen gegen satirische Kritik an journalistischen Interessenkonflikten überwiegend auf

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Die den ZDF-Satirikern einstweilen verbotene Äußerung über den ZEIT-Herausgeber:

Dr. Joffe sei Mitglied, Beirat oder Vorstand von acht Organisationen, die auf einer Schautafel in der Sendung "Die Anstalt" vom 2014 im ZDF genannt wurden,

wurde nunmehr vom Landgericht Hamburg wieder erlaubt. In dem Beitrag waren durch ein Schaubild und Texte Josef Joffes Verbindungen zu atlantischen Organisationen thematisiert worden. Hernach unkten die Satiriker, Joffes zahlreiche Verpflichtungen seien der Grund, warum die ZEIT nur einmal wöchentlich erscheine.

ZEIT-Herausgeber Joffe hatte durch den ZDF-Beitrag sein allgemeines Persönlichkeitsrecht verletzt gesehen, weil dort behauptet oder der Eindruck erweckt worden sei, Joffe sei Mitglied in acht Lobby-Organisationen. Dabei hatte der Journalist akribisch die Verbindungslinien auf dem Schaubild gezählt. Bereits in der mündlichen Verhandlung hatte das Gericht jedoch durchscheinen lassen, dass es bei einer satirischen Darbietung keine Haare zu spalten gedenke. Die eigentlich kritisierte Aussage, nämlich die beträchtlichen journalistischen Interessenkonflikte Joffes durch seine unstreitigen Mitgliedschaften in vor allem atlantischen Lobby-Organisationen, stand ohnehin außer Frage.

Ungenauigkeiten und Übertreibung aber wird man Satire durchaus zugestehen müssen, während Leser von Journalisten wie Joffe allerdings durchaus sorgfältige und ausgewogene Recherche erwarten dürfen. Ob man vielleicht einmal Putin verraten sollte, dass man missliebige Meinungen am Landgericht Hamburg genauso effizient verbieten lassen kann wie in seinem eigenen straff geführten Reich, das so schrecklich sein soll? Wäre es nicht die politische Aufgabe freier westlicher Journalisten gewesen, dem Osten ein Vorbild in Sachen Pressefreiheit zu geben und wenigstens die Freiheit der Satire zu achten?

Auch ZEIT-Autor Jochen Bittner scheiterte großteils. So wurde die vom OLG Hamburg einstweilen verbotene Äußerung,

Bittner habe im Zusammenhang mit der Rede des Bundespräsidenten Gauck vor der Münchner Sicherheitskonferenz für den Bundespräsidenten geschrieben,

vom Landgericht Hamburg nun wieder erlaubt. Weiterhin verboten bleibt jedoch die Behauptung

Dr. Jochen Bittner sei Mitglied, Beirat oder Vorstand von drei Organisationen, die auf einer Schautafel in der Sendung "Die Anstalt" vom 2014 im ZDF genannt wurden.

Medienkritiker können gar nicht dankbar genug dafür sein, dass Bittners mögliche Interessenkonflikte nun so öffentlich und nachhaltig wie irgendwie möglich diskutiert werden. Im Gerichtssaal hatte auch Joffes Anwalt versprochen, durch alle Instanzen zu gehen. Das Thema dürfte daher langfristig erhalten bleiben.

Der letzte namhafte Journalist, der gegen die eigenen Kollegen presserechtlich vorging, war 2008 Helmuth Markwort. So wollte Markwort der Saarbrücker Zeitung einen Irrtum von Roger Willemsen zurechnen, der diesem in einem Interview unterlief (Titel: “Heute wird offen gelogen”… ). Nachdem ihm das Landgericht Hamburg damals Recht gegeben hatte, hob der Bundesgerichtshof dieses weltfremde Urteil wieder auf.