Uber fordert Rahmenbedingungen für Mitfahr-Dienste

Rechtsverstöße, dubiose Verträge, aggressive Expansion: Uber, der aktuelle Buhmann der Digitalbranche, verteidigte sich auf einer Podiumsdiskussion.

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Von
  • Herbert Braun

Es wurde kein entspannter Abend für Fabien Nestmann. Als deutscher Sprecher des Fahrvermittlungsdienstes Uber, der kürzlich zwei Niederlagen vor Gericht einstecken musste, dürfte er jedoch einige Übung darin haben, seinen vielfach angefeindeten Arbeitgeber zu verteidigen.

Noch gehören die Straßen den Taxifahrern.

(Bild: dpa)

Als Gegenpart hatte der Veranstalter E-Plus für die Podiumsdiskussion UdL Digital den Bundestagsabgeordneten Thomas Jarzombek ausgesucht. Der Düsseldorfer CDU-Politiker ist netzpolitischer Sprecher der Unionsfraktion und gleichermaßen mit Verkehr wie mit digitaler Infrastruktur befasst. Auch der gut vorbereitete Moderator Cherno Jobatey setzte dem Uber-Sprecher hart zu.

Der Grundkonflikt: Ob Uber ein Innovator ist, der den Personentransport revolutioniert und im Interesse seiner Kunden gegen protektionistische Regeln anrennt – oder ein hemdsärmlig auftretendes US-Unternehmen, das dank milliardenschwerer Anschubfinanzierung durch Google und Goldman Sachs auf etablierte Regeln pfeifen kann. Dieser Konflikt weist weit über den aktuellen Buhmann Uber hinaus, beispielsweise auf AirBnB oder etwa auch auf Angebote wie Facebook, die strengere nationale Regeln – in diesem Fall zum Datenschutz – umgehen können.

Konkret darf Uber derzeit keine Fahrten in Deutschland vermitteln, weil gewerblich tätige (also gewinnorientierte) Fahrer einen Personenbeförderungsschein (P-Schein), eine Konzession und eine Insassenversicherung benötigen. Dazu kommen weitere Regeln wie Beförderungspflicht oder der ab nächstem Jahr geltende Mindestlohn. Gesetze hinkten den Innovationen hinterher, betonte Uber-Sprecher Nestmann: Neue Rahmenbedingungen anzuregen sei das Ziel des Unternehmens.

Dabei stieß Nestmann bei Jarzombek auf offene Ohren. "Zermürbend" sei der Prozess der Gesetzgebung in Deutschland, er komme den immer schnelleren Innovationen nicht hinterher. Er wünschte sich eine "disruptive Gesetzgebung", einen Rechtsrahmen für Selbstregulierung. Dennoch: Man könne sich nicht aussuchen, welche Gesetze man befolgt und welche nicht. Und der P-Schein sei kein Protektionismus, sondern er sichere Qualität.

Auch Uber verlange Nachweise von den Fahrern, betonte Nestmann; durch die zahlreichen Bewertungen könne der Dienst viel schneller und präziser reagieren als Behörden, die nur einmal im Jahr den P-Schein erneuerten. Damit erfahre Uber vielleicht, ob ein Fahrer nett sei, entgegnete Jarzombek, aber nicht, ob er vorbestraft sei oder Probleme mit dem Sehen hätte. Selbst wenn Uber solche Dinge genau prüfen könnte, müsse man an kleinere Unternehmen denken, die im Gefolge von Uber auf den Markt drängten. Kompromissbereit zeigte sich Jarzombek nur bei der Prüfung der Ortskenntnis, die er im Zeitalter der Navis für überflüssig hält.

Angesprochen auf die Frage der Insassenversicherung bescheinigte Nestmann seinem Arbeitgeber, "keinen guten Job in der Kommunikation" gemacht zu haben. Uber versichere seine Kunden bis mit zu 5 Millionen US-Dollar. Den Namen der Versicherung dürfe er leider nicht nennen – für Jarzombek "kein haltbarer Zustand".

Auch bei Vertragsfragen geriet Nestmann in die Defensive. "Betriebswirtschaftlich-organisatorische" Gründe seien es, warum deutsche Fahrer sich mit dem Abschluss des Vertrages und mit Streitigkeiten an eine in den Niederlanden ansässige Tochterfirma Ubers wenden müssen, und zwar in englischer Sprache. Problematische Passagen im Vertragstext führte er auf das schnelle Wachstum des Unternehmens zurück.

Nach eigener Auskunft ist Uber derzeit in 45 Ländern aktiv; an deutschen Städten listet das Unternehmen Berlin, Hamburg, München, Frankfurt und Düsseldorf auf. Auch in seinem Heimatland USA ist Uber umstritten: Während in Kalifornien und Colorado Gesetze für "Transportation Network Companies" erlassen wurden und einzelne Städte den Dienst gewähren lassen, gibt es anderswo heftige Gegenwehr. Es sieht so aus, als gehöre die Gegend zwischen Reichstag und Friedrichstraße in Berlin-Mitte, wo die Diskussion über die Bühne ging, vorerst weiterhin den Taxifahrern. (anw)