Zuspitzung im Währungskrieg

Den USA missfällt, dass der Euro gegenüber dem Dollar deutlich abgewertet hat, der IW-Chef warnt scharf vor einem "Abwertungswettlauf"

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Dass die Europäische Zentralbank (EZB) den Euro bewusst schwächt, ist keine Neuigkeit mehr. Sie greift wegen der niedrigen Inflation und der Tatsache, dass Deutschland auf dem Weg zurück in die Rezession ist und die Eurozone stagniert, zu immer drastscheren Maßnahmen, um die Konjunktur anzukurbeln. Nun will EZB-Chef Mario Draghi, nachdem die Zinsen fast auf Null gesenkt und Strafzinsen eingeführt wurden, auch massiv Anleihen kaufen, darunter auch hochriskante Papiere. Damit mutiert die Notenbank immer stärker zur Bad Bank, mit immer größeren Risiken für die Steuerzahler.

Die EZB versuchte mit der Geldschwemme stets auch, den Euro zu schwächen. Das österreichische EZB-Ratsmitglied Ewald Nowotny hatte das schon im September zugegeben. Nowotny hofft deshalb auf ein Wirtschaftswachstum 2015 in der Euro-Zone. "Die Gründe, warum wir für 2015 eine Verbesserung erwarten, sind vor allem, dass die Exportseite hier deutlich anzieht", sagte er gerade am Rande der Tagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank in Washington.

Tatsächlich ist es der EZB mit ihrer Geldpolitik gelungen, den Eurokurs seit Mai um etwa 10% nach unten zu drücken. Statt 1,38 kostete zuletzt ein Euro nur noch gut 1,26 Dollar. Damit haben sich Waren aus Europa gegenüber Waren aus den USA deutlich verbilligt. So macht die EZB nicht nur bei den Leitzinsen und beim Anleihekauf die Politik von Notenbanken wie die FED in den USA oder die der japanischen Notenbank (BoJ) nach. Vor allem die BoJ hatte nie einen Hehl daraus gemacht, dass sie den Yen ganz bewusst schwächt, um die eigene Konjunktur zu stützen.

Allerdings laufen die Prozesse derzeit gegeneinander. Hatten die USA und Japan frühzeitig in der Krise mit der ultralockeren Geldpolitik die Rezession bekämpft, steigen die USA seit Monaten aus dieser gefährlichen Politik aus. Die FED sieht längst die Blasenbildung und fährt das Anleihekaufprogramm immer weiter zurück. Sie entschied Mitte September, die Käufe erneut um zehn Milliarden pro Monat zu reduzieren und es wird erwartet, dass sie im Oktober das Kaufprogramm komplett beendet und die Notenpresse abschaltet.

Und längst denkt man in der FED auch über Leitzinserhöhungen nach, da die Wirtschaft angezogen hat und die Arbeitslosenzahlen unter der Zielmarke sind, welche die FED einst für den Ausstieg aus der ultralockeren Geldpolitik genannt hatte. Das würde den Dollar aber zusätzlich verteuern und das, so fürchtet man in Washington, könnte dann wiederum deutliche Spuren in der US-Konjunktur hinterlassen.

Der ehemalige Wirtschaftsweise Michael Hüther meint, dass wir inzwischen "einem Währungskrieg durch bewusst herbeigeführte Abwertungen sehr nahe" sind. "Was jetzt beim Euro passiert, haben wir zuvor beim japanischen Yen erlebt. Besser geht es der japanischen Volkswirtschaft deshalb aber nicht." Für den Chef des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) ist die starke Euro-Abwertung für eine Weltwährung "beachtlich". Er erwartet in einem Gastbeitrag für die Bild-Zeitung, dass die Abwertung durch die geplanten Anleihekäufe weiter anhält.

Da die EZB künftig den Banken sogar auch "hochriskante Papier" abkaufen wolle, würden "die Investoren angeregt, das billige Geld aus Europa abzuziehen und zu höheren Zinsen in den USA anzulegen". Und diese Kapitalströme verstärken die Abwertung des Euro weiter, meint er. Dass die Konjunktur im Euroraum über billigere Exporte gestützt wird, sei aber nicht ohne Risiken, führt er "historische Erfahrungen" an: "Die Abwertungswettläufe zwischen den Weltkriegen waren der Sargnagel für die Weltwirtschaft!" Die strukturellen Probleme würden über einen Währungskrieg nicht gelöst: "Ein Abwertungswettlauf schädigt alle."

Es ist klar, dass die Widersprüche zwischen der EZB-Politik und der Bundesbank längst wieder größer werden. Bundesbank-Chef Jens Weidmann hatte, nachdem er die EZB-Geldpolitik grundsätzlich abgesegnet hatte, bald wieder warnend den Zeigefinger gehoben, weil sie ihm nicht geheuer ist. Nun wird von einer massiven Zuspitzung berichtet. Der Focus schreibt, dass es Draghi kaum noch für möglich hält, mit seinem deutschen Kollegen im EZB-Rat zusammenzuarbeiten, weil der zu allem "Nein" sage. Weidmann sei zuletzt nicht mehr vorab in Vorschläge eingeweiht worden, wie die nun geplante Bilanzausweitung der EZB um bis zu eine Billion Euro.