Neue Hoffnung für Querschnittsgelähmte

Hilfszellen, die den Riechnerv des Menschen regenerieren lassen, könnten auch schwere Rückenmarksschäden heilen. Der erste Patient wurde erfolgreich behandelt.

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Darek Fidyka sitzt bereits anderthalb Jahre im Rollstuhl, als er sein drittes Leben geschenkt bekommt. Heute kann der Pole wieder gehen. Langsam zwar und nur mit einem Rollator, aber aus eigener Kraft, berichtet Technology Review in seiner Online-Ausgabe. Dass er wieder eigene Schritte machen kann, verdankt Fidyka der mutigen Idee des englischen Neurowissenschaftlers Geoffrey Raisman vom University College London und dem polnischen Neurochirurg Pawel Tabakow von der Medizinischen Universität in Breslau.

Raisman hatte nach jahrzehntelanger Forschung gelähmten Ratten ihre volle Beweglichkeit wiedergegeben: Er transplantierte ihnen spezielle Hilfszellen des Riechnervs in die verletzte Region des Rückenmarks. Die sogenannten olfaktorischen Hüllzellen sorgen entlang des Riechnervs dafür, dass dieser sich ein Leben lang regenerieren kann. Es ist der einzige Teil des Nervensystem, der das vermag.

Vor zwei Jahren schlug Tabakow seinem Patienten Fidyka vor, ihn mit seinen eigenen Hüllzellen zu behandeln, die er aus einem der Riechkolben direkt unterhalb des Gehirns entnehmen will. Er hat die Methode zuvor als erster bei drei querschnittsgelähmten Patienten angewandt, um zu untersuchen, ob sie sicher ist. Keiner der Probanden meldet Nebenwirkungen, wie Tabakow und Raisman in dem Fachjournals "Cell Transplantation" schreiben. In dieser Pilotstudie hatte der Neurochirurg allerdings zunächst nur Hüllzellen aus der Nasenschleimhaut der Patienten entnommen. Er wusste aber aus Raismans Ratten-Versuchen, dass die Zellen aus dem Riechkolben wohl erfolgversprechender sind.

Die Operation gelang, obwohl sich während des Eingriffs herausstellte, dass sich die Enden von Fidykas durchtrenntem Rückenmarkt mehr als einen Zentimeter voneinander entfernt haben. Zwar schien es noch eine schmale Brücke zu geben, doch die bestand aus Narbengewebe. Tabakow überbrückte die Lücke deshalb mit mehreren Nervenstreifen aus dem Knöchel des Patienten. Dieses sollte als Führungsschiene für die neu aussprossenden Nervenenden dienen. Anschließend injizierte der Neurochirurg die Hüllzellen aus dem Riechkolben in Form von mehr als hundert Mikroinjektionen beidseits der Verletzungs ins Rückenmark.

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(bsc)