Copyright-Beschwerde führt zu Abwertung im Google-Ranking

Schwere Zeiten für Seiten mit urheberrechtsverletzenden Inhalten: In den vergangenen Tagen gab es in der Filesharing-Szene Razzien. Gleichzeitig macht sich bemerkbar, dass Google verstärkt gegen Seiten mit urheberrechtsverletzenden Inhalten vorgeht.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Dr. Andreas Lober
  • Thomas Stollberger

Bei Google pro Woche eingehende Anfrage auf Löschung eines URL

(Bild: Google)

Bereits seit längerem steht Google unter dem Druck der Content-Branche, mehr gegen Angebote mit urheberrechtsverletzenden Inhalten zu unternehmen. Beispielsweise hat Medien-Mogul Rupert Murdoch dem Suchmaschinengiganten vorgeworfen, eine Plattform für Rechtsverletzungen zu sein – ein Vorwurf, den Google unverzüglich zurückwies, sogar mit einem eigenen Blog "Dear Rupert". Kurze Zeit später hat Google dennoch seinen Suchalgorithmus angepasst, um vermeintliche Urheberrechtsverstöße stärker zu bekämpfen. Seiten, zu denen viele Beschwerden über urheberrechtsverletzende Inhalte eingehen, werden nun stärker abgestraft als bisher. Konkret bedeutet dies, dass sich die Rankings in den organischen Suchergebnissen verschlechtern.

Die Änderung zielt primär auf Meldungen nach dem Digital Millennium Copyright Act (DMCA) ab, gilt aber nach der von Google herausgegebenen FAQ-Liste auch für Beschwerden nach den Urheberrechtsgesetzen anderer Länder. Diese müssen aber hinreichend konkret sein.

Mit den Details hält sich Google, wie so häufig, zurück. In dem Blogeintrag heißt es nur, dass deutlich sichtbare Auswirkungen auf einige der berüchtigsten Seiten erwartet würden. Unklar ist aber, welche Zahl von Beschwerden zu einem Einschreiten von Google führt. Insbesondere äußert sich Google nicht dazu, ob die Zahl der Beschwerden mit dem Gesamtinteresse an der Seite ins Verhältnis gesetzt wird; es würde viel dafür sprechen, dass hochfrequentierte Seiten nur dann "abgestraft" werden, wenn sie auch eine recht hohe Anzahl von Beschwerden aufweisen.

Unklar ist auch, wie groß das Missbrauchspotenzial ist, da durch unberechtigte Beschwerden auch das Ranking von an sich rechtstreuen Seiten beschädigt werden kann. Google selbst gibt an, die Beschwerden sorgfältig zu prüfen und unberechtigten Löschanträgen nicht stattzugeben. Auffallend ist trotzdem, dass Google in über 99 Prozent aller Fälle gemeldete Seiten aus dem Suchindex entfernt. Alleine 2013 gingen nach Google-Angaben 224 Millionen DMCA-Meldungen beim Suchriesen ein, von denen 222 Millionen zu einer Löschung der gemeldeten Seiten aus Googles Suchindex führten. Diese doch recht hohe Erfolgsquote könnte dazu verleiten, Wettbewerbern mit ungerechtfertigten Löschanträgen durch eine daraus resultierende Abstrafung in den Suchergebnissen wirtschaftlich zu schaden.

Bei unberechtigten DMCA-Take-Down-Notices nach US-Recht können die Folgen für denjenigen, der die Beschwerde einreicht, schwerwiegend sein. Es steht sogar eine Strafbarkeit im Raum. Jüngst bekam beispielsweise Warner Bros. in einem Verfahren wegen automatisiert verschickter DMCA-Take-Down Notices juristischen Gegenwind, da diese teilweise offenbar falsch waren.

Nach anderen Rechtsordnungen sind die Folgen aber teilweise milder. Nach deutschem Recht wird jedenfalls in der Regel keine Straftat vorliegen, solange weder eine falsche Tatsachenbehauptung aufgestellt wird noch die Rechtsverletzung wider besseres Wissen behauptet wird. Beispielsweise könnte gegen Wettbewerbsrecht verstoßen werden; das ist aber milder sanktioniert. Ohnehin gehen mögliche Sanktionen ins Leere, wenn der Absender der Beschwerde nicht ermittelt werden kann.

Offen ist auch, ob Google die Regelungen wirklich nur auf urheberrechtliche Beschwerden anwendet oder auch auf andere Rechtsverstöße, beispielsweise Marken- oder Wettbewerbsrechtsverletzungen. Der DMCA gilt für diese streng genommen nicht, aber viele Plattformbetreiber handhaben Beschwerden über Drittinhalte gleich, egal ob sie auf Urheber-, Marken- oder Wettbewerbsrecht gestützt werden. Zumindest nach deutschem Recht ist dies auch konsequent. Plattformbetreiber profitieren vom Host-Provider-Privileg des Paragraphen 7 Abs. 2 TMG nur so lange, wie sie von einer konkreten Rechtsverletzung auf ihrer Plattform keine Kenntnis haben. Wenn sie Kenntnis haben, kommt es aber nicht mehr darauf an, welches Gesetz sie verletzen – sie müssen tätig werden. Schadenersatz wird gleichwohl nur selten zugesprochen. (anw)