Friedenslösung für das Baskenland gefordert

Abgeordnete, Professoren, Anwälte und Journalisten fordern Engagement von Deutschland und der EU für eine friedliche Konfliktlösung

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Bundestagsabgeordneten wie Andrej Hunko (Die Linke), Schriftsteller wie Raul Zelik, Professoren wie Elmar Altvater, Rechtsanwälte wie Petra Isabel Schlagenhauf und Journalisten wie der Schweizer Pit Wuhrer ist gemein, dass sie sich ausgiebig mit dem Konflikt zwischen Spanien und dem Baskenland beschäftigt haben. Mit anderen fordern sie einer gemeinsamen Stellungnahme, Deutschland und die EU müssten sich für eine Friedenslösung einsetzen, nachdem die Untergrundorganisation ETA vor mehr als drei Jahren den bewaffneten Kampf definitiv beendet hat.

Sie begrüßen "diese positive Entwicklung", beklagen aber, dass das "neue Szenario noch weit von einem dauerhaften Frieden entfernt" sei. Zwar wurde mit der Entwaffnung der ETA begonnen, doch die vollständige Entwaffnung kommt auch wegen der Blockade durch Spanien und Frankreich nicht voran. Spanien versucht sogar, internationale Vermittler zu kriminalisieren, die den Vorgang verifizieren. Gefordert werden Schritte zur "Anerkennung der Rechte aller Opfer des Konflikts, der Umgang mit der Vielzahl an Folteropfern", ein Ende der "heimatfernen" Inhaftierung der etwa 500 Gefangenen, "die jede Woche die Angehörigen zu weiten Reisen zwingt", ein Ende der "Massenprozesse" gegen politische Aktivisten und eine Lösung für "weltweit Hunderte Exilierte und Flüchtlinge".

In diesem Rahmen sprechen sie konkret den kürzlich in Mannheim verhafteten Tomas Elgorriaga Kunze an, der seit fast 15 Jahren in Freiburg unter dem Namen José Gabriel Jiménez lebte, studierte und zuletzt als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität tätig war. "Es ist an der Zeit, sich von der Logik des gewalttätigen Konflikts zu lösen", weshalb neue Strafprozesse "unter menschenrechtlich fragwürdigen Bedingungen" kontraproduktiv für eine Friedenslösung seien. Deshalb fordern sie, dass der 51-Jährige weiter in Deutschland leben soll und nicht abgeschoben werden dürfe.

Behauptet wird, er sei sogar "hochrangiger Funktionär" der ETA. Doch der in Berlin lebende baskische Anwalt Jonan Lekue, der für die Familie Elgorriaga Kunze spricht, hält diese Vorwürfe schlicht für "absurd". Gegenüber Telepolis erklärte er, das sei in einer komplexen Organisation wie der ETA, "die in ganz Europa verfolgt wird, eine aufreibende Arbeit und lässt sich kaum neben Studium und Forschungstätigkeit erledigen". Beispiele dafür habe es in der Vergangenheit auch nicht gegeben. Dafür seien in Spanien in den letzten Jahren die Vorwürfe immer breiter ausgedehnt worden. "Politiker, Journalisten, Professoren... wurden und werden als ETA-Mitglieder bezeichnet, verhaftet und bisweilen gefoltert, wenn sie wie die für ein unabhängiges, vereintes und sozialistisches Baskenland eintreten."

Inhaftiert worden seien sogar Politiker, Gewerkschafter und Aktivisten, die sich deutlich gegen deren Gewalt ausgesprochen und aktiv an der Abwicklung der ETA gearbeitet haben. Elgorriaga sei aus Angst vor erneuter Folter und harten Haftbedingungen geflohen. "Er war in seiner Heimatstadt Hondarribia in politischen und kulturellen Basisgruppen aktiv und wurde 1998 wegen angeblicher Unterstützung der ETA verhaftet und schwer gefoltert." Er kam aber schnell wieder auf Kaution frei, doch aus Angst vor einer neuen Verhaftung und Folter floh er. Menschenrechtler bis hin zum UNO-Sonderberichterstatter kritisieren immer wieder, dass Basken in der "Kontaktsperre" gefoltert werden. Immer wieder wird Spanien deshalb auch vom Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg verurteilt.

Nach der Verhaftung auf Basis eines internationalen Haftbefehls Ende Oktober sitzt Elgorriaga in Mannheim in Untersuchungshaft. Die Bundesanwaltschaft hat Anklage gegen ihn wegen Urkundenfälschung und Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung erhoben. "Ihm droht zudem die Auslieferung nach Frankreich, denn dort wurde er in Abwesenheit, ohne sich verteidigen zu können, wegen ETA-Mitgliedschaft verurteilt", erklärt Lekue. Die Familie will auch diese Auslieferung verhindern, weil ihn auch dort eine "Ausnahmesituation" erwartet. "Zudem schiebt Frankreich Leute wie ihn nach Spanien weiter oder "verleiht" sie für Prozesse an den Nachbarstaat." Ein faires Verfahren könne er vor Sondergerichten dort nicht erwarten und zudem drohe ihm erneut Folter.

Mit verschiedenen Initiativen soll auf die Lage des Flüchtlings und auf die Situation im Baskenland hingewiesen werden. Kürzlich fand in Berlin eine Kundgebung statt. Am Sonntag, Montag und Dienstag gibt es Informationsveranstaltungen in Freiburg, Mannheim und Heilbronn, um auch Kollegen und Freunde von "José Gabriel Jiménez" zu informieren. Schließlich wird Elgorriaga aus Spanien vorgeworfen, "Bombenbauspezialist" und Chef der Bombenbauer zu sein. Doch auch dort wird zugegeben, dass bei ihm weder Waffen noch Sprengstoffe gefunden wurden. "In Spanien kommt man oft mit falschen und manipulierten Berichten", meint Lekue. Bisweilen würden derlei "ETA-Führer" oder angebliche Mitgliede sogar trotz Foltergeständnissen vor spanischen Gerichten freigesprochen, weil Beweise wie Zeugenaussagen, Fingerabdrücke, DNA… fehlen.