31C3: Linux ohne Root-Zugang in Nordkorea

Gut eine Woche nach den mutmaßlichen Hack-Attacken aus Nordkorea goss Will Scott auf der Hamburger Hacker-Konferenz 31C3 Wasser in den Verschwörungswein: Er gab einen Einblick in den nordkoreanischen IT-Alltag.

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Ingo T. Storm

Will Scott, Informatik-Doktorand von der Universität von Washington, hatte an der Pyongyang University of Science and Technology (PUST) als Gastdozent nordkoreanische Informatik-Studenten gelehrt. Von seinen Aufenthalten brachte er einige Eindrücke vom Leben auf dem Campus mit. Während Scott wie anderen ausländische Lehrkräfte selbst ungefiltert, aber überwacht ins Internet gehen durfte, mussten seine Studenten weitgehend ohne Online-Informationen auskommen. "Das meiste, was sie gelernt hatten, hatten sie aus Büchern", sagte Scott in Hamburg. Nordkoreanische Professoren und Doktoranden konnten lediglich gefilterten Zugang zum weltweiten Netz bekommen. Andere Studenten mussten sich mit Nordkoreas internem Netz begnügen, das laut Scott derzeit zirka 3000 Webseiten umfasst und aus dem Ausland nicht zugänglich ist. Die Nordkoreaner nutzen ein separates DNS-System mit eigenen Top-Level-Domains.

Nordkorea pflegt eine eigene Linux-Distribution namens Red Star OS.

(Bild: Bild: Wikipedia (GPL) )

Eine Überraschung erlebte Scott bei der IT-Ausstattung der Bevölkerung. Das häufigste Betriebssystem, das er sah, war Windows XP – die Lizenzen waren aus China importiert. Die von Nordkorea herausgegebene Linux-Distribution "Red Star OS" war jedoch in der Bevölkerung kaum verbreitet. Auffälligste Besonderheit: "Es gibt zwar ein Terminal, aber man kann in der Standardinstallation keine Root-Rechte bekommen", schilderte Scott. Als sich Scott Root-Zugang verschaffte, fand er ein für Normalnutzer unzugängliches Programm, das die komfortable Einrichtung verschlüsselter Datenträger erlaubte. "Das ist interessant, wenn ihr einen AES-verschlüsselten Datenträger braucht, an dem die NSA garantiert nichts manipuliert hat", scherzte Scott. Ansonsten sieht die neuste Version von Red Star Linux mehr nach OS X von Apple als nach Windows aus. Die Entwickler fügten sogar eine Pseudo-Version von Quicktime hinzu. Die neuste Version von Red Star Linux wurde inzwischen von dritter Seite online gestellt.

Über ausländische Kooperationen verfügen die Nordkoreaner über ein stabiles Mobilfunknetz, das laut Scott sogar zuverlässiger ist als die Stromversorgung. Es steht jedoch nur für Smartphones offen und der Zugang und Geräte seien sehr teuer: Scott hätte 200 Euro zahlen müssen, um sich eine SIM-Karte für 50 Megabyte Datentransfer pro Monat einrichten zu lassen. Das einzige in Nordkorea verkaufte Android-Tablet darf jedoch nicht online gehen: Weder WLAN noch Bluetooth noch Mobilfunk ist eingebaut, sondern nur ein TV-Empfänger. Dafür sind rund 500 Apps vorinstalliert, auch im Westen erfolgreiche Software: "Angry Birds ist immer noch Angry Birds – nur die Grafiken wurden ausgetauscht", erklärte Scott. Zum Ausbilden von Hackern, die Sony in Bedrängnis bringen könnten, wird diese Ausrüstung jedoch kaum ausreichen, weswegen neueste Spekulationen blühen, Nordkorea habe sich Hacker "gemietet". (it)