Syriza-Ökonom: "Kein Wettlauf um niedrigere Löhne"

Griechische Linkspartei führt gut eine Woche vor den Wahlen Umfragen an, Wirtschaftsexperte Jannis Milios erläutert Ziele der Sozialisten

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Gut eine Woche vor der Parlamentswahl in Griechenland liegt die linksgerichtete Partei Syriza in den Umfragen weiter vorn. Derzeit würden die Sozialisten auf 31,5 Prozent der Stimmen kommen, berichtete der Fernsehsender Action 24 auf Basis einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Pulse. Das sind 3,5 Prozentpunkte mehr, als die konservative Partei Nea Dimokratia (Neue Demokratie) des amtierenden Ministerpräsidenten Antonis Samaras erwarten kann.

Syriza-Chef Tsipras und Milios. Bild: www.jmilios.gr

Die Chancen stehen also nicht schlecht, dass Syriza-Chef Alexis Tsipras nach dem 25. Januar die Regierungsführung übernehmen wird. Seine Partei will die Schulden mit der Europäischen Union und anderen internationalen Gläubigern neu verhandeln und die von der EU vorgegebene Austeritätspolitik beenden. Während eines Besuchs in Berlin führte der Chefökonom der Syriza, Jannis Milios, die wirtschaftspolitischen Pläne seiner Partei aus. Ein Sieg der Linken würde einen Politikwechsel bedeuten, so Milios, weil die Mehrheit der Gesellschaft eine Stimme bekomme. Milios weiter:

"Das Geld muss ins Wachstum investiert werden, statt an die Gläubigerbanken zu fließen. Unser Staat ist in einer solch tragischen Situation, dass wir eine Restrukturierung der Schulden brauchen. Es gibt technische Lösungen, die auch die Steuerzahler der anderen europäischen Länder schützen können und Geldtransfers von einem Land in das andere vermeiden können. Mit Blick auf das Schuldenproblem in ganz Europa sollte die Europäische Zentralbank eine aktivere Rolle spielen."

Europa befinde sich weiterhin in einer sehr ernsten Krise, so Milios, denn nicht nur in Griechenland gebe es eine Deflation, sondern in mehreren Ländern der EU: "Wir brauchen daher ein anderes Modell. Wir müssen das europäische Sozialmodell, also den Wohlfahrtsstaat fördern, und wir müssen die Wirtschaft durch Realinvestitionen ankurbeln, die Zukunftstechnologien fördern. Was wir nicht brauchen, ist ein Wettlauf um niedrigere Löhne."

Im Falle eines Wahlsieges will Syriza mit anderen EU-Staaten und der Europäischen Zentralbank in Verhandlungen eintreten. "Wir sind uns sicher, dass wir eine Einigung erzielen werden, die vorteilhaft für die meisten Beteiligten ist", so Milios. Zugleich erkannte der Wirtschaftsexperte an, dass in Griechenland selbst ein Problem mit der Oberschicht besteht. "Wir haben einen Staat, der plan- und wirkungslos ist, und das hängt mit Korruption zusammen und einigen Privilegien, die
Teile der griechischen Oligarchie über Jahrzehnte etabliert haben." Dies sei vor allem in Bezug auf die herrschende Korruption und des Klientelismus problematisch.