Europaparlament: Vorschlag für EU-Urheberrechtsreform vorgestellt

Die EU-Abgeordnete Julia Reda (Piraten) hat den Entwurf für ein einheitliches EU-Urheberrecht vorgelegt, unter anderem sind kürzere Schutzfristen geplant. Parallel machte Reda auch gleich die Lobbyanfragen dazu transparent.

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  • Torsten Kleinz
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Kürzere Schutzfristen, Zitierrecht für Videos, Beschränkungen für Kopierschutzmaßnahmen – die Europaabgeordnete der Piratenpartei Julia Reda hat ihren Entwurf für ein neues harmonisiertes EU-Urheberrecht vorgestellt. Eine umfassende Urheberrechtsreform steht für die EU-Kommission weit oben auf der Agenda für dieses Jahr. Reda war im Mai zur zuständigen Berichterstatterin des Europaparlaments gewählt worden und hatte sich in den vergangenen Monaten mit der Ausarbeitung der Vorschläge beschäftigt.

Zentrales Anliegen Redas ist es, das Urheberrecht an das Internet anzupassen. "Die EU-Richtlinie zum Urheberrecht stammt aus dem Jahr 2001, aus einer Zeit vor YouTube und Facebook", erklärt die Abgeordnete. “Wir brauchen ein gemeinsames Europäisches Urheberrecht, das Grundrechte achtet und innovativen Diensten für den Onlinezugang zu Kultur keine Steine in den Weg legt.”

Julia Reda von den Piraten

(Bild: Tobias M. Eckrich (CC BY 2.0))

Der am heutigen Montag vorgelegte vorläufige Bericht liest sich dementsprechend wie ein Wunschzettel der digitalen Bürgerrechtsbewegung, die an das Machbare angepasst wurde. So plädiert Reda für eine Urheberrechts-Schutzfrist von 50 Jahren nach dem Tod des Urhebers, da die Berner Übereinkunft zum Schutze von Werken der Literatur und Kunst keine geringere Frist erlaubt. Üblich sind in der EU derzeit 70 Jahre, doch bisher kann jedes Mitgliedsland höhere Fristen festlegen.

Die Nationalstaaterei im Urheberrecht wird seit langem sowohl von Rechteinhabern, als auch Nutzern kritisiert. Reda befürwortet ein europaeinheitliches Urheberrecht, das unmittelbar in jedem Mitgliedsland gelten würde. Sollte dies nicht möglich oder durchsetzbar sein, plädiert Reda für eine weitgehende Harmonisierung.

Die Vorschläge Redas zielen auf eine weitgehende Öffnung. So plädiert die Abgeordnete für ein flexibleres Urheberrecht, das nicht bei der Einführung jeder neuen Technik Ausnahmen definieren muss – ähnlich dem in den USA geltenden Fair-Use-Modell. Gleichzeitig will Reda die Stellung der Urheber gegenüber Verlagen und Verwertungsgesellschaften stärken, damit die keinen Ausverkauf ihrer Rechte befürchten müssen.

Im Bericht dreht Reda das Schlagwort vom "rechtsfreien Raum" Internet um und betont, dass heute viele Nutzungen online verboten oder erschwert werden, die analog ohne weiteres möglich sind. So sollen E-Books künftig auch kopiert und von Bibliotheken verliehen werden dürfen. Den gesetzlichen Schutz von Kopierschutzmaßnahmen will sie auf Techniken beschränken, die offengelegt werden und somit auch die legitime Erstellung von Privatkopien erlauben.

Das Nachnutzen von Daten will Reda insgesamt vereinfachen. Daten, die von Regierungen und Behörden erstellt werden, sollen künftig vom Urheberrechtsschutz befreit werden. Ebenso will sie die so genannte Panoramafreiheit, die in Deutschland das Fotografieren von öffentlichem Grund aus weitgehend erlaubt, europaweit festschreiben. Das Zitatrecht will sie ausdrücklich auch auf audiovisuelle Medien erweitern, so dass auch Videoausschnitte und Bilder ohne Abmahnrisiko verwendet werden können. Ausnahmen vom Urheberrecht soll es sowohl für Bildung als auch für Satire geben. Auch das Datamining von öffentlich verfügbaren Quellen soll für jeden Zweck erlaubt sein.

Der vorläufige Bericht muss nun durch den Rechtsausschuss des Europaparlaments, das ihn voraussichtlich im April verabschieden will. Die Verhandlungen werden nicht einfach – so hatten Rechteinhaber und die die französische Ministerin für Kultur und Kommunikation Fleur Pellerin generell in Frage gestellt, dass ein Mitglied der Piratenpartei für Urheberrechte zuständig sein sollte. Im Herbst will die EU-Kommission ihre eigene Strategie vorstellen.

Wie viele Firmen und Verbände beim Urheberrecht mitreden wollen, zeigt Reda in einem eigenen Transparenzreport. So hatte sie sich in den letzten Monaten mit 86 Lobbyisten getroffen – von Google über die Verwertungsgesellschaft GEMA bis hin zum Autoren und Digital-Aktivisten Cory Doctorow. (axk)