Kunstprojekt Random Darknet Shopper: Staatsanwaltschaft beschlagnahmt Exponate

Ein Darknet-Bot bestellte als Teil eines Schweizer Kunstprojektes allerhand auf einem Darknet-Marktplatz, unter anderem auch Drogen. Diese ließ die Staatsanwaltschaft ganz unkünstlerisch beschlagnahmen.

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Kunstprojekt Random Darknet Shopper: Staatsanwaltschaft beschlagnahmt Exponate

Ein Päckchen vom Darknet-Markt...

(Bild: Bitnik)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Tom Sperlich

Die Ausstellung „The Darknet. From Memes To Onionland“ in der Kunst Halle St. Gallen war schon erfolgreich beendet, da schlug die Staatsanwaltschaft zu: Ein von der Schweizer Mediengruppe Bitnik vor ein paar Wochen in die (Un-)Tiefen des Darknets losgelassener autonomer Online-Shopping-Bot hatte ein Tütchen mit zehn Ecstasy-Pillen bestellt, die in die Ausstellungshallen geliefert wurden. Die Kantonspolizei versiegelte und beschlagnahmte die bereits verpackten Exponate.

Der "Random Darknet Shopper“, wie ihn die Medienkünstlergruppe nennt, war das Kernstück der dreimonatigen Ausstellung. Ausgestattet mit einem Bitcoinbudget im Wert von 100 US-Dollar pro Woche durfte er autonom und nach dem Zufallsprinzip Dinge aus dem Darknet-Marktplatz „Agora“ einkaufen. Lieferadresse war jeweils die Kunst Halle St. Gallen.

In der fortlaufend live gebotenen "Mail Art“-Aktion bestellte Bitniks Bot Dinge, die zwar nicht alle legal waren – darunter Sachen wie gefälschte Markenbekleidung oder Zigaretten, der Scan eines ungarischen Reisepasses, eine Visa Platin Kreditkarte und anderes mehr. Aber kein Grund für die Staatsgewalt einzuschreiten, da deren Besitz in der Schweiz für den Privatgebrauch nicht strafbar sei. Bis ihr die MDMA-Pillen zu Ohren kamen.

Die auf Wunsch der Künstler bei Beschlagnahmung versiegelte Kiste steht nun bei der Staatsanwaltschaft St. Gallen. Noch ist nicht überprüft worden, ob es sich bei den beschlagnahmten Pillen überhaupt um Drogen handelt, so Andreas Baumann, Mediensprecher der St. Galler Staatsanwaltschaft auf Anfrage von heise online.

Allerdings sei ein Strafverfahren gegen Unbekannt eröffnet worden. Und, so Baumann, man sei gesetzlich auch verpflichtet, vermutete Betäubungsmittel zu beschlagnahmen. Sowohl die Annahme wie auch der Besitz von Betäubungsmitteln sind gesetzlich unter Strafe gestellt. Das gelte auch, wenn ein Roboter sie bestellt habe, aber durch eine reale Person entgegen- und in Besitz genommen wurde, erläutert der Sprecher.

Sollte sich herausstellen, dass es sich um MDMA handele, würde entschieden, wie es mit dem eingeleiteten Strafverfahren weitergehe. Möglicherweise müsste dann ein Gericht entscheiden, ob der Besitz von Drogen nicht unter die Freiheit der Kunst falle. Denn dem Guardian sagte Domagoj Smoljo von Bitnik: „Wir sind die gesetzlichen Besitzer der Droge. Und wir sind verantwortlich für alles, was der Bot unternimmt, da wir den Code ausgeführt haben. Unser Anwalt und die Schweizerische Bundesverfassung sagen aber, dass es eine Kunstfreiheit in öffentlichem Interesse gibt.“

Und die Justiz selbst sieht das Ganze eher gelassen. Durch die Provokation der Künstlergruppe im Darknet einen Roboter unter Umständen auch gesetzlich strafbewehrte Dinge bestellen zu lassen, sei auch die Staatsanwaltschaft zum Teil dieser Ausstellung und des Kunstprozesses geworden, sagt deren Sprecher Andreas Baumann. Statt einem eventuellen MDMA könne man für eine etwaige weitere Ausstellung ja dann die Beschlagnahmeverfügung aufhängen. (axk)