Attentäter sind eben zu blöd – daher müssen wir Demos verbieten

Außer Kontrolle

Das schnelle Verbot der Pegida-Veranstaltung in Dresden warf bereits Fragen auf. Die Begründung für das Verbot der Gegendemonstrationen wirkt konstruiert bis absurd

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Am Montag, dem 19. Januar 2015, wollte die Bewegung Pegida (Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes) in Dresden eine Demonstration abhalten, was die Polizei in Dresden jedoch recht kurzfristig verbot. Hintergrund des Verbotes waren Drohungen, die gegen den Initiator der Demonstration, Lutz Bachmann, ausgestoßen worden waren.

Wer allerdings auf konkrete Hinweise zur Gefährdungslage oder zu den Drohungen hoffte, wurde bisher eher enttäuscht. Zwar ist eine gewisse Zurückhaltung der Polizei durchaus verständlich, doch was bisher verlautbart wurde, klingt überzogen. So soll ein (!) arabischer Tweet genug gewesen sein, um eine Gefährdung zu sehen, Geheimdienstinformationen sollen auch vorliegen, wurden bisher jedoch nicht konkretisiert. Grund genug, das Verbot der Demonstration mit Skepsis zu betrachten , zumal nicht nur die Demonstration Pegidas, sondern auch alle anderen Demonstrationen, inklusive einer Gegendemonstration, verboten worden waren. Was nunmehr seitens der Sicherheitsbehörden als Begründung für das Verbot der anderen Demonstrationen angeht, wirkt wenig beruhigend.

Die Süddeutsche Zeitung beruft sich auf Regierungskreise und spricht davon, dass in Sachsen die Gefahr wohl ein wenig "hochgejazzt" wurde . Eine Formulierung, die verniedlichend wirkt, geht es doch um nichts anderes als ein Verbot eines Grundrechtes, welches doch sehr konkret und differenziert augesprochen werden sollte. Der arabische Tweet scheint auch eher vage gehalten zu sein, wendet sich an "Einsame Wölfe" und teilt mit, wer "der Hund" ist, der für die "islamfeindlichen Demonstrationen verantwortlich ist". Das ist allerdings keine Neuigkeit und Lutz Bachmann dürfte insofern den "einsamen Wölfen" schon länger bekannt sein.

Endgültig absurd wird es, wenn die Begründung des sächsischen Innenministers Ulbig, die Gegendemonstrationen ebenfalls zu verbieten, tatsächlich so lautete, wie die Süddeutsche Zeitung schreibt. So soll diese Gegendemonstration deshalb auch verboten worden sein, weil befürchtet worden war, dass die potentiellen Attentäter nicht zwischen einer Pegida-Demonstration und deren Gegendemonstration unterscheiden könnten und damit auch Pegida ablehnende Menschen gefährdet wären.

Dies ist etwas, was es sich lohnt, auf der Zunge zergehen zu lassen. Eine Demonstration und die Gegendemonstration werden verboten, weil angenommen wird, dass potentielle Attentäter zu dumm dafür sind, das Opfer von dessen Kritikern zu unterscheiden. Wenn also beispielsweise eine Nazi-Größe nun bedroht wird, wird nicht nur die NPD-Kundgebung, sondern auch gleich die Gegenkundgebung verboten? Wie hier das Demonstrationsrecht mit Füßen getreten wurde, sollte nicht so schnell ad acta gelegt werden, egal wie man zu Pegida selbst steht. Vorschnelle Panikmache und Grundrechtseinschränkungen helfen niemandem und führen nur zu noch mehr Frustration und Angst.


Nachtrag, 21.12015, 14.08 Uhr: Im Text war versehentlich "Frank" als Vorname Herrn Bachmanns angegeben worden, er heißt natürlich Lutz. Danke für die Kommentierenden für den Hinweis.