EU-Staaten ringen weiter ums Roaming

Das für Ende des Jahres geplante Aus der Roaming-Gebühren im Mobilfunk kommt nicht richtig voran. Die lettische Ratspräsidentschaft will das Thema mit einem Kompromissvorschlag wiederbeleben.

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Handy-Telefonieren im Ausland

(Bild: dpa, Jens Kalaene)

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Die von der letzten EU-Kommission und dem Parlament beschlossene Abschaffung der Roaming-Gebühren für die Handynutzung um EU-Ausland kommt nicht voran. Zwar hat sich Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) kürzlich für ein Roaming-Aus stark gemacht, doch stößt der Plan immer noch auf Widerstand bei einigen Mitgliedsstaaten im EU-Rat sowie bei Wirtschaftsvertretern. Die lettische Ratspräsidentschaft will das zuletzt auf Eis gelegte Thema Roaming nun mit einem Kompromissvorschlag wieder voranbringen.

Die Netzbetreiber fürchten, dass sie beim eigentlich für Ende 2015 geplanten "Roam Like At Home" (RLAH) – EU-Bürger telefonieren und surfen im EU-Ausland zu den Konditionen ihres normalen Tarifs – draufzahlen. Vor allem geht die Befürchtung, dass sich clevere Nutzer eine SIM-Karte mit billigem Tarif im Ausland beschaffen und dann zu Hause "Dauer-Roaming" betreiben.

Auch die europäischen Regulierungsbehörden und ihre Brüsseler Vertretung BEREC sind der Ansicht, dass eine Abschaffung der Roaming-Gebühren derzeit wirtschaftlich nicht tragbar ist. Auch praktisch sei der Plan derzeit kaum umsetzbar, weil sich wichtige Faktoren wie Großhandelspreise, Betriebskosten oder Nutzungsarten innerhalb der Union stark unterscheiden.

Zwar ist der EU-Rat prinzipiell einer Meinung, dass die Roaming-Gebühren weiter gesenkt werden sollen. Doch sind die Mitgliedsstaaten noch nicht einig über den Weg dahin. Zum Beispiel herrscht auch Streit über den richtigen Zeitpunkt einer Überprüfung und möglichen Neuordnung des Telekommunikationsmarktes. Die ist turnusgemäß im Sommer 2016 dran.

Einen Vorschlag der Regulierer, das RLAH-Prinzip mit einer "Fair Use"-Klausel zu verknüpfen, um so Missbrauch zu verhindern, hat die lettische Ratspräsidentschaft nun für einen Kompromissvorschlag aufgegriffen. "RLAH+" soll den Netzbetreibern grundsätzlich erlauben, für Roaming eine Zusatzgebühr zu berechnen. Dazu könnte ein Dienstevolumen definiert werden, dass den Nutzern normales Telefonieren und Surfen im Ausland erlaubt, Missbrauch aber vorbeugt.

Die Zusatzgebühren sollen sich dem Vorschlag der Letten zufolge entweder an tatsächlichen Kosten oder der Einfachheit halber an den regulierten Großhandelspreisen orientieren. Ob diese Gebühren dann pro Einheit abgerechnet werden oder es Tages-, Wochen- und Monats-Flatrates gibt, bleibt den Anbietern überlassen.

Der Vorschlag der lettischen Ratspräsidentschaft wurde bereits auf Arbeitsebene und bei einem informellen Abendessen der zuständigen Minister mit EU-Kommissar Günther Oettinger am vergangenen Mittwoch diskutiert. Die Minister hätten grundsätzlich Unterstützung signalisiert, teilte die Letten danach mit. Der Vorschlag solle nun weiter ausgearbeitet und im März wieder auf Ministerebene beraten werden.

Die Abschaffung der Roaminggebühren war erklärtes Ziel der letzten EU-Kommission unter Manuel Barroso, maßgeblich vorangetrieben von der ausgeschiedenen Kommissarin für Digitales, Neelie Kroes. Das EU-Parlament hatte das Vorhaben, das Teil des umfangreichen Telecom-Pakets zur Neuordnung des europäischen Telekommunikationsmarktes ist, im April 2014 abgesegnet.

Auch Minister Dobrindt hatte sich vor einigen Tagen für die Abschaffung der Auslandsgebühren in der EU ausgesprochen. "Ich plädiere dafür, die Roaminggebühren langfristig auslaufen zu lassen", sagte der CSU-Politiker der "Wirtschaftswoche". Langfristig ist das Projekt jetzt schon: Seit 2007 arbeitet die EU an der Abschaffung der Gebühren. (vbr)