TTIP: USA sollen bei EU-Gesetzen mitreden dürfen

Laut einem geheimen Verhandlungspapier der EU-Kommission sollen sich Brüssel und Washington im Rahmen des geplanten Freihandelsabkommens künftig vorab über Gesetzesentwürfe und andere Vorhaben absprechen.

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TTIP: USA sollen bei EU-Gesetzen mitreden dürfen

Symbolische Darstellung der EU-Kommission zum Thema TTIP

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Sämtliche Gesetze, Verordnungen, Standards oder spezifische Regeln etwa zum Verbraucher- und Datenschutz sollen in Europa künftig nicht mehr ohne Mitsprache der USA verabschiedet werden. Diese weitreichende Bestimmung sieht ein vertrauliches Dokument der EU-Kommission für die laufenden Verhandlungen über das geplante transatlantische Freihandelsabkommen TTIP vor, über das die Nichtregierungsorganisationen Corporate Europe Observatory (CEO) und LobbyControl sowie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) berichten.

Transatlantisches Freihandelsabkommen TTIP

Seit Juli 2013 verhandeln EU und die USA über den Abbau von Handelshemmnissen im Rahmen eines Transatlantic Trade and Investment Partnership (TTIP). Heftige Kritik kommt wegen mangelnder demokratischer Kontrolle sowie wegen Befürchtungen, Umwelt- und Gesundheitsstandards könnten abgesenkt oder untergraben werden.

Die Kommission spricht sich demnach für ein neues "Gremium für Regulierungszusammenarbeit" ("regulatory cooperation body") aus. Es soll dafür zuständig sein, gesetzgeberische Vorhaben zwischen der EU und den USA zu "harmonisieren". Dabei soll es auch eine gegenseitige Berichtspflicht über künftige Regulierungsinitiativen geben.

Die Partner sollen frühzeitig Gesetzesvorhaben oder vergleichbare Anläufe identifizieren können, die ihnen bedenklich erscheinen. Daraufhin wäre es möglich, Beratungen über derlei Initiativen mit der Gegenseite über eine zentrale Anlaufstelle zu beantragen.

Der Handlungsspielraum beider Handelsmächte soll offiziell nicht eingeschränkt werden. Wenn sich eine Seite nach Abschluss der Gespräche dafür entscheide, die Einwände der anderen nicht zu berücksichtigen, könnten derart umstrittene Vorhaben trotzdem uneingeschränkt verabschiedet werden.

CEO und LobbyControl warnen trotzdem, dass durch ein solches Beteiligungsverfahren vor allem Unternehmen europäische Gesetze mehr beeinflussen dürften. So drohe eine "dauerhafte Benachteiligung von Arbeitnehmern, Verbrauchern und Umwelt". Wie die umstrittenen Schiedsgerichte könnte die Kooperation bei der Regulierung "unsere demokratischen Entscheidungsspielräume einschränken". In einer früheren Version des Papiers sei das Verfahren sogar für Bundesländer und Kommunen angedacht gewesen.

Auch der europäische Verbraucherschutzverband Beuc sieht den Vorschlag sehr kritisch: Wenn die EU und die Mitgliedstaaten jede regulatorische Initiative vorab vorlegen und dann mit großem bürokratischen Aufwand die Meinung der anderen Seite einholen müssten, erschwere das die Gesetzgebung enorm. Die Initiative "Stop TTIP", die ein Bürgerbegehren gegen die Übereinkunft eingeleitet hat, befürchtet, dass bestimmtes Niveau der Marktliberalisierung dies- und jenseits des Atlantiks zementiert wird. Die EU-Kommission hatte eigentlich mehr Transparenz rund um das heftig umkämpfte Abkommen versprochen, doch davon ist in dem neuen heiklen Detailplan nichts zu sehen. (anw)