Oktoberfestattentat: Gab es doch Mittäter?

Neue Zeugin berichtet von Mann mit abgerissenem Unterarm

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Wem gehört die abgerissene Hand?

Als am 26. September 1980 auf dem Münchner Oktoberfest eine Bombe 13 Menschen tötete und 200 verletzte, hat auch ein Mensch seine Hand verloren, die nie jemandem zugeordnet werden konnte, sprach Ulrich Chaussy, ein Reporter des Bayerischen Rundfunks (BR), der seit vielen Jahren in Sachen Oktoberfestattentat recherchiert - mit dem ehemaligen Sprengstoffexperten des Bundeskriminalamt (BKA), Gerd Ester, der zusammen mit Kollegen die "Oktoberfestbombe" rekonstruierte und zur Detonation brachte.

Das Ergebnis führte zur Erkenntnis, dass die Hände von Gundolf Köhler, der bisher als Alleintäter für den Anschlag galt, durch die Explosion atomisiert wurden.

Chaussy hat auch mit jenem Polizisten, der die Hand abseits des Suchkreises der Polizei fand, gesprochen.

Demnach ist der Beamte damals "auf etwas Schwammiges, Weiches getreten", was er dann, nachdem er es mit der Fußspitze wendete, als "Fragment einer Hand" erkannte. Die Blutgruppe sei nicht mehr zu bestimmen gewesen, allerdings konnte noch ein Fingerabdruck erfasst werden.

Merkwürdig: Der Fingerabdruck ließ sich nicht in jenem Wagen finden, mit dem Köhler an den Tatort gefahren war. An Studienunterlagen des in Donaueschingen aufgewachsenen Studenten war der Fingerabdruck jedoch vorhanden, woraus die Ermittler schlossen, dass es sich hierbei um die Hand Köhlers handeln müsse. Die Hand, die jahrelang in der Asservatenkammer lag, wurde 1997 mit anderen Asservaten vernichtet.

Nun hat sich eine Zeugin gemeldet, die zur Zeit des Anschlags 20 Jahre alt war und als Krankenschwester im Oststadt-Klinikum in Hannover gearbeitet hat. Demnach lag auf ihrer Station ein junger Mann, dem der rechte Unterarm abgerissen war. Er verhielt sich, auf die Unfallursache angesprochen, ausgesprochen merkwürdig und verschwand vorzeitig aus der Klinik.

Interessant: Der Anwalt Werner Dietrich, der Opfer des Oktoberfestattentats vertritt, erhielt 1983/84 einen anonymen Anruf. Ein Mann, so Dietrich, habe zu ihm gesagt, dass in einer Klinik in Norddeutschland ein Mann ohne Arm behandelt wurde und dass dieser nach einigen Tagen aus der Klink abgehauen sei.

Die Bundesanwaltschaft, die im Dezember bekannt gab, neue Ermittlungen in Sachen Oktoberfestanschlag aufzunehmen, geht jedoch nicht davon aus, dass der Mensch, zu dem die gefundenen Handfragmente gehören, die Verletzung überlebt haben könnte, weil die Hand Temperaturen von 2700 Grad ausgesetzt war.

Auch Report München griff das Thema auf und fragte: "Steckte doch ein rechtsextremes Netzwerk dahinter?” In dem Beitrag kommt auch ein Zeuge zu Wort, der aussagt, dass er Köhler kurz vor der Explosion an einem Fahrzeug gesehen habe, in dem mehrere Männer saßen.

Im Zusammenhang mit dem Anschlag auf das Oktoberfest gab es immer wieder auch Fragen, ob hinter dem Anschlag nicht Personen aus dem Stay-behind-Netzwerk stehen könnten. Stay-behind war eine geheime paramilitärische Untergrundarmee der NATO, deren Existenz erst 1990 öffentlich bekannt wurde.

Teile dieser Untergrundgruppen, deren Mitglieder häufig im politisch rechten Spektrum verwurzelt waren, stehen seit langem in Verdacht, im Rahmen einer Strategie der Spannung an verdeckten Terroranschlägen in Europa beteiligt gewesen zu sein.

Ulrich Chaussy lehnt die These einer Verwicklung von Stay-behind in das Oktoberfestattentat ab.

Im Interview mit Telepolis sagte er im September des vergangen Jahres:

Nach der italienischen Theorie der Strategie der Spannung - und auch dort ist sie ja eine Theorie, auch wenn erwiesen ist, dass der Geheimdienst vor allem bei der Darstellung nach außen mitgefingert hat - wurden diese Strukturen deswegen tätig, weil ein Herausbrechen des Landes aus der NATO befürchtet wurde und es ist einfach ein Aberwitz, dergleichen für die Bundesrepublik von Helmut Schmidt anzunehmen.

Dass in diesem Zusammenhang möglicherweise noch nicht alles bekannt ist, was bekannt werden könnte, deutete der ehemalige Bundeskanzler Helmut Schmidt 2007 in einem Interview mit der Zeit an:

ZEIT: Gab es denn eine besondere Form des Terrorismus in Deutschland durch Baader, Meinhof und die anderen?
Schmidt: Ich habe den Verdacht, dass sich alle Terrorismen, egal, ob die deutsche RAF, die italienischen Brigate Rosse, die Franzosen, Iren, Spanier oder Araber, in ihrer Menschenverachtung wenig nehmen. Sie werden übertroffen von bestimmten Formen von Staatsterrorismus.
ZEIT: Ist das Ihr Ernst? Wen meinen Sie?
Schmidt: Belassen wir es dabei. Aber ich meine wirklich, was ich sage.