Twitter: Kaum neue User, aber doppelter Umsatz

Twitter konnte seine Nutzerschar im vierten Quartal 2014 nur um vier Millionen erweitern. Schuld daran seien Bugs in iOS 8, meint das Twitter-Management. Finanziell kann sich Twitter berappeln, die Aktie legte deutlich zu.

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Twitter am Handy

79 Prozent des Gesamtumsatzes lukriert Twitter aus Werbung auf mobilen Endgeräten.

(Bild: dpa, Andrew Gombert)

Lesezeit: 4 Min.
Inhaltsverzeichnis

288 Millionen Twitter-Konten wurden im Dezember 2014 mindestens einmal genutzt. Das sind lediglich vier Millionen mehr, als drei Monate zuvor. Das geht aus den Ergebnissen des vierten Quartals 2014 hervor, die Twitter Donnerstagabend veröffentlicht hat. Twitters Userzuwachs ist also praktisch zum Stillstand gekommen. Schuld daran soll Apple sein. Die Twitter-Aktie hat im nachbörslichen Handel dennoch gut neun Prozent zugelegt, denn die finanziellen Resultate und Twitters Prognosen sind überraschend freundlich.

Twitter Geschäftsentwicklung (in US-Dollar, gerundet) Q4 2014 Q4 2013
Umsatz 469 Mio. 243 Mio. +97%
Davon Werbeeinahmen 432 Mio. 220 Mio. +97%
Nettoergebnis -125 Mio. -511 Mio. -76%
Monthly Active Users (in Mio. Nutzer)
288
241
+20%

Der Quartalsumsatz hat sich im Jahresabstand auf 479 Millionen US-Dollar knapp verdoppelt. Twitter konnte für seine Werbeschaltungen höhere Preise verlangen, und hätte den Angaben zu Folge sogar noch mehr verkaufen können. 79 Prozent des Umsatzes generiert Twitter mit Werbung auf mobilen Endgeräten, weitere elf Prozent aus anderer Werbung.

Die restlichen zehn Prozent stammen vor allem aus der Lizenzierung der von den Twitter-Nutzern erzeugten Daten. Im Oktober schloss Twitter einen solchen Vertrag mit IBM. Und Donnerstagabend bestätigte Twitter-CEO-Dick Costolo auch Twitters Deal mit Google, nannte aber keine Einzelheiten.

Derweil ist der Nettoverlust von 511 Millionen auf 125 Millionen Dollar zurückgegangen. Dieser Rückgang ist nicht überraschend. Denn beim Börsengang im vierten Quartal 2013 mussten früher zugeteilte Aktienoptionen verbucht werden. Der Nettoverlust ist aber auch gegenüber dem unmittelbaren Vorquartal (Q3 2014), um 50 Millionen gesunken.

CEO Dick Costolo will mehr Geld mit Twitter-Lesern verdienen, die sich nicht einloggen.

(Bild: Twitter)

Könnte man Aktienzuteilungen, Steuern, Zinsen und Abschreibungen ignorieren, hätte das Unternehmen im vierten Quartal 141 Millionen Dollar verdient. Diese Kennzahl heißt Adjusted EBITDA. Vor einem Jahr gab das Unternehmen an, langfristig eine Adjusted-EBITDA-Marge von 30 bis 35 Prozent anzustreben. Nachdem die 30-Prozent-Marke nun knapp erreicht ist, wurde die langfristige Prognose Donnerstagabend auf 40 bis 45 Prozent erhöht.

Im gesamten Jahr 2014 hat Twitter 1,4 Milliarden Dollar umgesetzt (+111%) und dabei 578 Millionen Dollar Nettoverlust produziert. Dabei kostete das Aktienprogramm 632 Millionen Dollar. Das Barvermögen ist von 2,2 auf 3,6 Milliarden Dollar angewachsen.

Während Facebook im vierten Quartal 2014 160 Millionen monatlich aktive User zulegen konnte, waren es bei Twitter gerade einmal vier Millionen. Schuld daran sind laut Twitter-Management zwei Faktoren: Saisonale Schwankungen und Apple. Das im September vergangenen Jahres veröffentliche iPhone-Betriebssystem iOS 8 sei zunächst fehlerbehaftet gewesen.

Bugs in iOS 8 hätten Twitter vier Millionen User gekostet. Tatsächlich gingen beim Update Zugriffs-Autorisierung für Twitter-Apps verloren. Manche User machten sich dann nicht die Mühe, sich erneut anzumelden. Bis Jahresende sank die Zahl dieser "verlorenen Schafe" auf eine Million.

Die weiteren drei Millionen sind einer Änderung im Safari-Browser geschuldet. Dessen Reader ruft im Unterschied zur iOS-7-Version nicht automatisch Twitter-Inhalte ab. Solche automatischen Zugriffe verbucht Twitter als Useraktivität. Deren Ausbleiben hat nun die Bilanz geschmälert.

Im laufenden Quartal aber soll der Zustrom neuer Nutzer wieder anschwellen. Twitter rechnet mit zirka 14 Millionen zusätzlichen monatlich aktiven Usern. Deren Gesamtzahl würde damit erstmals 300 Millionen überschreiten.

Der Umsatz soll auf etwa 440 bis 450 Millionen Dollar steigen, das Adjusted EBITDA 89 bis 94 Millionen Dollar erreichen. Die Aktienzuteilungen werden auf dem Papier 160 bis 170 Millionen Dollar kosten. Für das Gesamtjahr erwartet Twitter Einnahmen von 2,3 bis 2,35 Milliarden Dollar was ein Zuwachs von etwa zwei Dritteln wäre. Das Adjusted EBITDA soll stärker steigen und 500 bis 650 Millionen Dollar erreichen.

Das Aktienprogramm wird nur leicht teurer und erreicht 700 bis 750 Millionen Dollar. Das sind aber immer noch mindestens 30 Prozent des prognostizierten Umsatzes. Im vierten Quartal und auch im Gesamtjahr 2014 war die buchhalterischen Kosten des Aktienprogramms höher als der Nettoverlust. Anders ausgedrückt: Ohne Aktienzuteilungen an die Mitarbeiter wäre Twitter profitabel.

Aber das ist eine Milchmädchenrechnung. Denn ohne das Aktienprogramm müsste Twitter deutlich höhere Gehälter zahlen, was sich dann auf die Barschaft auswirken würde. So aber wird nur der Unternehmensanteil der bestehenden Aktionäre geschmälert. (ds)