Jetzt haben wir Dich, Du Stimme

Neben der Spur

Eine Voice Recognition kommt selten alleine. Nicht bei Samsung. Und man könnte nervös darüber werden, was sie alles kann und plant.

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Es gibt immer wieder Kleingedrucktes, das einen in den Wahnsinn treiben kann, wenn man es nur ganz genau liest...was eh niemand tut. Oder hat hier irgendjemand jemals auch nur ansatzweise die Nutzungsbedingungen des Apple App Stores gelesen? Auszüge? Nix, wir klicken auf den WEITER-Button, als wären wir peinlich vom Anblick eines Haufens nackter Ameisen berührt, die uns alle wer-weiß-was entgegen strecken.

Natürlich liest niemand das Kleingedruckte. Man wird mit dem Download von einer App schon keinen Staubsauger zusätzlich kaufen, hat auch nicht ein gefühltes Menschenleben Zeit, alle Wenns und Abers eines ameisengleichen Stabes an Apple-Anwälten zu lesen, der jeden auch noch so verdrehten Rechtsfall seit Cicero und Dschingis Khan in dieses Elaborat eingearbeitet hat. Bei anderen Firmen heißt dieses Schriftstück in meistens sechs Punkt großer Schrift vielleicht anders (ELA bei Microsoft), aber gelesen hat jetzt auf jeden Fall ein Autor bei cnet das Kleingedruckte von Samsung-Fernsehern, die mit Voice Recognition daher kommen. Und darin findet sich ein schüchterner Hinweis, dass die aufgenommenen Stimmen an sogenannte "3rd Party"-Server weitergeleitet werden könnten.

Und schon dreht die Fantasie Purzelbäume.

Der Autor denkt sich, dass Samsung ab jetzt aufnehmen könnte, was man sicher nicht außerhalb der eigenen vier Wände verbreiten möchte. Denn einmal offen könnte das Microsoft des Fernsehers ja aufschnappen, dass man ein Alkoholproblem (Hol mir sofort ein Bier...) in der eigenen Wohnung (...aus dem Hobbykeller...) mit der eigenen Partnerin (...DU %&/%()&)=, oder?) hat. Oder ähnlich Schlimmes.

Da hilft es auch nichts, dass der Sprecher der Firma Samsung, und solche Sprecher gibt es ja für hyperventilierende Journalisten immer, beschwichtigen will und erklärt, man sehe ja ein Lämpchen, wenn das Mikrophon aufzeichne. Außerdem habe man nur Signalwörter für das Umschalten der Programme etc. zu erkennen. Und das passiere über einen Service, der nicht wirklich Samsung gehöre, bevor das erkannte Wort zurück an den Fernseher geschickt wird.


Früher nannte man das "umschalten". Und das machte auch eine dritte, unbeteiligte Partei, die sich "Oma" nannte, allerdings alles mithörte und den Nachbarn weiter erzählte und dann unbedingt den Musikantenstadel sehen wollte. Aus, Schluss mit Fernsehabend.

Aber die Bedenken bei cnet sollten ernst nehmen. Denn niemand kann schließlich sagen und vor allem kontrollieren, dass die gesprochenen Wörter wirklich nur dann analysiert werden, wenn es sich um fernsehtechnische handelt.

Und das passiert über eine Wahrscheinlichkeit, die vermutlich darauf hindeutet, dass es sich jetzt um einen Umschaltbefehl handelt, nicht um einen Fluch in den heimischen Kühlschrank. Und diese Wahrscheinlichkeit entsteht passgenau, wenn man sehr viele Stimmen sammelt, daraus einen klanglichen Mittelwert des Ausspruches "Mach ma Boxen, RTL oda" bildet und so eine Sprachsteuerung ermöglicht, die die Fernbedienung nicht mehr braucht.

So ähnlich, wenn auch nur auf Basis allgemeiner Daten funktioniert diese App, die mir die Wahrscheinlichkeit zeigt, mit der ich bei meinem nächsten Flug abstürze. Das kann schon sehr praktisch sein und geht nur, weil viele Menschen dafür ihr Leben gelassen haben. Sozusagen. Aber so sehen wir natürlich den Sprachmogler von Samsung nicht. Im ersteren Fall ist zumindest noch kein Fernseher bekannt, der bei dem Befehl jetzt auf Hansi Hinterseer umzuschalten schlichtweg mit einem "ganz schlechte Entscheidung, Alter" eine Weigerung ausspricht oder zumindest mittels roter Bildschirmfarbe vor der Entscheidung warnt. Aber vielleicht liegt das daran, dass das ein Großteil der hiesigen Bevölkerung schlichtweg nicht als Ohr- und Augenbeleidigung wahrnimmt.