Industrie 4.0: Bosch will Standards vorantreiben

Der deutsche Technikkonzern möchte bei der digital unterstützten Produktion eine Vorreiterrolle einnehmen. Er setzt sich für eine standardisierte Sprache zwischen Maschinen ein und tritt damit in Konkurenz zum Industrial Internet Consortium (IIC).

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Industrie 4.0: Bosch will Standards vorantreiben

(Bild: BitKom)

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  • dpa

Künftig sollen Maschinen und die Teile, die sie bearbeiten, Informationen austauschen können. SO hofft die deutsche Wirtschaft auf eine höhere Produktivität. Damit das funktioniert, müssen allerdings alle die gleiche Sprache sprechen. Der Autozulieferer und Technikkonzern Bosch will bei der digital unterstützten Produktion – der sogenannten Industrie 4.0 – eine Vorreiterrolle einnehmen. Der Konzern wolle vor allem die Ausarbeitung notwendiger Standards vorantreiben, sagte Rainer Kallenbach, Vorsitzender der Geschäftsleitung von Bosch Software Innovations, der dpa. Er warnte aber davor, "die erstbeste Technologie" zu verwenden.

Standards gelten als Grundvoraussetzung für Industrie 4.0. Darunter versteht man in Deutschland die Digitalisierung der industriellen Fertigung. Indem Produktionsteile mit Sensoren und Chips ausgestattet werden, können sie Informationen an Maschinen oder Zulieferer schicken. Auf diese Weise soll die Produktivität gesteigert werden. Die Standards und Protokolle sind gewissermaßen die Sprache, mit der Chips und Maschinen kommunizieren.

Doch ob diese Sprache am Ende tatsächlich vom deutschen Maschinenbau geprägt wird, ist noch offen. In Deutschland hat sich die Plattform Industrie 4.0 gebildet, um die Standards zu erarbeiten. In den USA haben sich unter anderem AT&T, Cisco, General Electric und IBM mit ausländischen Unternehmen wie Hitachi und Huawei zum Industrial Internet Consortium (IIC) zusammengeschlossen. Neben Bosch ist bislang Siemens als einziges deutsches Unternehmen im IIC vertreten.

Forschungsministerin Johanna Wanka (CDU) wolle sich nun kommende Woche mit Vertretern aus Industrie und Wissenschaft treffen, um das weitere Vorgehen für ein konkurrierendes Konsortium Industrie 4.0 zu beraten, berichtete das "Handelsblatt" am Freitag. Ein Ministeriumssprecher wollte sich dazu nicht äußern.

Bosch-Manager Kallenbach dagegen sieht die Initiativen nicht als Konkurrenten. Das IIC sei sehr viel breiter aufgestellt und habe nicht nur industrielle Fertigung, sondern auch das "Internet der Dinge" im Blick, in dem einfache Alltagsgegenstände kommunikationsfähig sein sollen. "Beide Zielrichtungen sind attraktiv", sagte er. Bosch ist im Bereich der Heimautomatisierung und dem Internet der Dinge ebenfalls aktiv..

Der Technikkonzern hatte außerdem vergangene Woche angekündigt, am ersten aus Europa getriebenen Projekt des IIC teilzunehmen. Dabei geht es darum, die Position von Akkuschraubern in einer Werkshalle zu bestimmen. So soll automatisch das richtige Drehmoment für die jeweilige Aufgabe eingestellt werden. Der Vorteil: Sicherheitsrelevante Schrauben würden dann immer mit der genau vorgeschriebenen Kraft angezogen.

Für die Zukunft der Wirtschaft in Deutschland sei es sehr wichtig, dass solche Technologien für Industrie 4.0 umgesetzt werden, sagte Kallenbach. Das hänge aber nicht an Gremien, sondern an Unternehmen. "Die Standardisierung ist der zweite Schritt", betonte er. "Wir müssen erst lernen, was man tun muss. Wir brauchen erste Erfahrungen. Die Kunst ist, Nutzen daraus zu ziehen."

Die vernetzte Produktion findet bereits in einigen Fabriken in Deutschland statt. Der baden-württembergische Antriebsspezialist Wittenstein etwa hat seine Mitarbeiter mit Tablet-Computern ausgestattet. Um den aktuellen Produktionsplan zu erfahren, müssen Mitarbeiter damit nur noch ihre Maschinen fotografieren. Auf denen prangt ein sogenannter QR-Code, der alle nötigen Informationen auf den Bildschirm des Mini-Computers sendet. Auf diese Weise wissen sie, was die Maschinen als nächstes tun.

Bosch hat eigens ein Pilotwerk in Homburg (Saarland) eingerichtet. In der Fertigung für Einspritzdüsen sollen mit Hilfe von Funkettiketten (RFID) Lagerhaltung bei Bosch und Kunden verbessert werden. Die Transportkisten mit den Rohlingen in der Fabrik tragen kleine RFID-Etiketten. Auf diese Weise lässt sich feststellen, wo sich welches Teil befindet, wann es verpackt und versendet werden kann.

Bosch hat dabei sowohl Zulieferer als auch Kunden eingebunden, damit sie besser planen können. In seinem Werk hat Bosch eigenen Angaben zufolge einen Produktivitätsfortschritt von zehn Prozent erzielt – und die Lagerhaltung um fast ein Drittel verringert.

Auf einer anderen Montagelinie für Hydraulikventile in Homburg ist Bosch schon einen Schritt weiter. Dort können ganz unterschiedliche Ventile gleichzeitig gefertigt werden. Jedes Teil funkt mittels Bluetooth an die Maschine, wie es bearbeitet werden möchte. So sind 25 Produktvarianten möglich - ohne zusätzliche menschliche Eingriffe.

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