Staatsschutz investiert Millionen in "Massendatenerfassung" im Netz

2,75 Millionen Euro standen dem Bundesamt für Verfassungsschutz 2013 zur Verfügung, um "große Datenmengen" vor allem aus sozialen Netzwerken durchforsten zu können. Kritiker warnen vor einer neuen Überwachungsdimension.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 83 Kommentare lesen
Staatsschutz investiert Millionen in "Massendatenerfassung" im Netz
Lesezeit: 2 Min.

Es ist kein Geheimnis, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) für das Durchleuchten von Netzwerkstrukturen im Internet aufrüstet. Es werde ein Referat "Erweiterte Fachunterstützung Internet" (EFI) aufgebaut, hieß es vergangenen Juni in Köln nach entsprechenden Medienberichten. Den geheimen Budgetplan von 2013 mit inhaltlichen Details für die erweiterte Netzüberwachung hat Netzpolitik.org jetzt in Auszügen veröffentlicht. Demnach standen den Staatsschützern schon damals 2,75 Millionen Euro für die einschlägige "Massendatenerfassung" zur Verfügung. Es ist davon auszugehen, dass der entsprechende Etat mittlerweile weiter zugelegt hat.

"Das Internet gewinnt als Kommunikations- und Ausforschungsmedium für Extremisten, Terroristen und fremde Nachrichtendienste zunehmend an Bedeutung", ist in dem publik gewordenen Teil des Haushaltsplans nachzulesen. Es diene als global verfügbare Informationsquelle und "Plattform zur weltweiten Verbreitung extremistischer Propaganda mittels Webseiten, Foren oder Videobotschaften". Dabei veröffentlichten die Übeltäter vor allem auf sozialen Netzwerken und vergleichbaren Diensten wie Facebook, Twitter oder YouTube "immer größere Datenmengen". Parallel nähmen elektronische Angriffe durch fremde Geheimdienste "immer mehr zu". Diese müssten analysiert und zurückverfolgt werden.

Das BfV sieht sich damit vor die Herausforderung gestellt, "aus der Masse an Informationen die verfassungsschutzrelevanten Erkenntnisse zu extrahieren und diese mit Daten aus anderen Quellen" wie Polizeibehörden zu verknüpfen. Nötig sei daher ein System zur "Massendatenauswertung", das "umfangreiche Maßnahmen im Bereich der IT-Infrastruktur erforderlich" mache und als "neuartige Herausforderung" beschrieben wird. Ziel sei es, "bislang unbekannte und nicht offen erkennbare Zusammenhänge zwischen einschlägigen Personen und Gruppierungen im Internet festzustellen".

Die gewonnenen Informationen "bedürfen aufgrund ihres großen Umfangs einer Vorauswertung mittels intelligenter Werkzeuge", heißt es in der Beschreibung des geplanten Finanzmitteleinsatzes weiter. "Spezielle Recherche- und Analysetools" müssten es ermöglichen, mehr oder weniger "offen im Internet verfügbare Informationen" wie "Kontaktlisten und Beziehungsgeflechten in sozialen Netzwerken" automatisiert zu erheben. Zu integrieren seien ferner Programme zur "Analyseunterstützung" etwa durch eine automatische "Textvorauswertung" zum Visualisieren von Ergebnissen. Über den Stand der Entwicklung des Systems ist derzeit nichts bekannt.

Die Innenexpertin der Linken, Ulla Jelpke, warnt so vor einer "ganz neuen Qualität der Überwachung". Es sei "vollkommen unverhältnismäßig", Daten von unzähligen Bürgern ohne jeden Verdacht zu verarbeiten. Sie habe dagegen Zweifel, ob ein neues "nachrichtendienstliches Schleppnetz zum Abschöpfen von Daten" für mehr Sicherheit sorgen könne. (jk)