Amnesty: Blogger Badawi in Todesgefahr – Gabriel soll helfen

Saudi-Arabien missachtet Menschenrechte, vollstreckt viele Todesurteile – und Wirtschaftsminister Gabriel fährt jetzt hin. Amnesty International fordert ihn auf, sich in Riad gerade im Fall Badawi nicht wegzuducken.

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Amnesty: Blogger Badawi in Todesgefahr - Gabriel soll helfen

(Bild: PEN International (CC BY-SA 3.0))

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Von
  • dpa

Klare Kante gegen Menschenrechtsverstöße, voller Einsatz für den verurteilten Blogger Raif Badawi: Amnesty International gibt Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) einen dicken Forderungskatalog mit auf seine Reise nach Saudi-Arabien an diesem Wochenende. Die Generalsekretärin von Amnesty Deutschland, Selmin Caliskan, sagte dpa: "Gabriel muss sich in Riad mehr trauen, weil sich der Fall Badawi zugespitzt hat."

Der Blogger war im Mai 2014 zu zehn Jahren Haft, 1000 Stockschlägen und einer Geldstrafe verurteilt worden, weil er in einem Internetforum den Islam beleidigt haben soll. Badawis Verfahren wurde nach Amnesty-Informationen nun an ein Strafgericht in Dschidda zurückverwiesen. Dort drohe ihm eine neue Anklage wegen Abfalls vom Glauben – darauf stehe in dem islamisch-konservativen Königreich die Todesstrafe, sagte Caliskan. "Zuständig ist der gleiche Richter, der ihn schon zweimal wegen dieses Delikts anklagen wollte. Das ist eine Katastrophe für Herrn Badawi. Wir hoffen, dass er nicht die Todesstrafe bekommt." Auch Badawis Ehefrau Ensaf, die in Kanada lebt, hat Gabriel um Hilfe gebeten.

Er fliegt am Samstag nach Riad. Der SPD-Chef hatte in dieser Woche in Berlin das saudische Königshaus in Anwesenheit des Ölministers Ali al-Naimi an die Einhaltung von Menschenrechten erinnert – ohne aber den Fall Badawi direkt zu erwähnen.

Bei Todesstrafen und vollstreckten Hinrichtungen liegt Saudi-Arabien nach Amnesty-Angaben hinter China, Iran und Irak weltweit auf Platz vier. 2014 seien mindestens 76 Menschen hingerichtet worden, im laufenden Jahr bereits 38 – teilweise durch öffentliche Enthauptungen. Bisher habe der neue König Salman keine Milde erkennen lassen: "Wir hätten eine Amnestie für alle, nicht nur für normale Kriminelle, sondern auch für Regimekritiker erwartet. Das ist nicht passiert."

Caliskan kritisierte die Außen- und Sicherheitspolitik der Bundesregierung und des Westens, die Saudi-Arabien, Katar und andere für den Anti-Terror-Kampf aufgerüstet haben und enge Wirtschaftsbeziehungen mit Riad pflegen. "Ich finde es unverantwortlich, Menschenrechtsverletzer zu unterstützen, weil dadurch wieder neue Gewaltakteure geboren werden", sagte sie.

Sie forderte die über 80 Unternehmer, die Gabriel nach Saudi-Arabien, Katar und in die Vereinigten Arabischen Emirate begleiten, auf, nicht wegzuschauen und bei Verträgen auf die Einhaltung von Menschenrechten und Mindeststandards für Arbeiter zu pochen. Viele Konzerne sollten um ihr Image besorgt sein: "Unternehmen müssen sich kritisch hinterfragen, ob ihr Engagement am Golf bedeuten kann, dass sie sich selber an Menschenrechtsverletzungen mitschuldig machen." (axk)