NDR: Mangelhafter Datenschutz bei Bertelsmann-Auskunftei Infoscore

Die Bertelsmann-Tochter Infoscore verzichtet bei der Selbstauskunft für Bürger auf eine Identifizierung durch ein Ausweisdokument und öffnet so eine Tür für Missbrauch, finden Kritiker. Doch ist das nicht ganz so einfach.

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Akten-Berge

(Bild: freeimages.com)

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Die Auskunftei Infoscore macht es Kritikern zufolge Verbrauchern zu einfach, die gespeicherten Scorewerte zur Bonitätsprüfung abzufragen. Für eine online erhältliche "Mieterselbstauskunft" verlangt die zur Bertelsmann-Dienstleistungstochter Arvato gehörende Auskunftei nur Name, Geburtsdatum und Anschrift. Eine Ausweiskopie zur "sicheren Identifizierung" kann freiwillig mitgeschickt oder gefaxt werden, um Rückfragen zu vermeiden. Das Gesetz schreibt Auskunfteien vor, eine Selbstauskunft pro Jahr kostenfrei zu machen. Für weitere Ersuche werden bei Infoscore je 20 Euro fällig.

Infoscore hat nach eigenen Angaben Daten mit "Negativinformationen zu 7,8 Millionen Personen" gespeichert. Der Radiosender NDR Info hat jetzt auf die vergleichsweise geringen Anforderung für das Einholen sensibler Daten aufmerksam gemacht. Der Sender verweist darauf, dass etwa bei der Schufa die Vorlage eines Personalausweises Pflicht sei. Er zitiert zudem einen Mitarbeiter des für Infoscore zuständigen baden-württembergischen Landesdatenschutzbeauftragten, der in dem Verfahren einen "gravierenden Datenschutzverstoß" und eine Ordnungswidrigkeit sieht. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen spricht von einer "Lücke", durch die Unbefugte an "Informationen über finanzielle Probleme" kommen könnten. Auch die Piratenpartei springt auf den Zug auf und fordert, die Auskunfteien sollten "Daten jeglicher Art nur mit sicherer Identifizierung des Anfragenden" herausgeben dürfen.

Wie die Auskunfteien das genau bewerkstelligen sollen, lassen die Kritiker allerdings offen. Denn auch die Daten auf dem Personalausweis unterliegen dem Datenschutz. Grundsätzlich darf der Personalausweis nicht kopiert oder eingescannt und dann gespeichert werden, wie das Verwaltungsgericht Hannover im November 2013 bekräftigt hatte. Es gibt bestimmte Ausnahmen etwa für Banken und Telekommunikationsanbieter. Auskunfteien wie Infoscore dürfen eine Ausweiskopie nur unter ganz bestimmten Umständen anfordern, sagen selbst die Datenschützer. Damit gerät zum Beispiel auch die vom NDR genannte Praxis der Schufa unter Rechtfertigungsdruck.

Der Berliner Datenschutzbeauftragte äußerte schon 2012 die Ansicht, dass es eines weiteren Nachweises nicht bedürfe, wenn Name und Adresse der anfragenden Person mit den beim Unternehmen gespeicherten Daten übereinstimmen. Auch der Landesdatenschutzbeauftragte von Nordrhein-Westfalen hält "die Anforderung von Ausweiskopien nur ausnahmsweise im Einzelfall" für zulässig. In einem Ende Februar veröffentlichten Leitfaden "Personalausweis und Datenschutz" heißt es, dass eine Ausweiskopie nur dann in Betracht komme, "wenn das Unternehmen vernünftige Zweifel an Ihrer Identität hat".

Infoscore rechtfertigt sich gegenüber dem NDR damit, "dass die Einholung einer Mieterselbstauskunft ausschließlich für die eigene Person zulässig ist. Wer sich daran nicht hält und die vorgesehenen Sicherungen mit krimineller Energie umgeht, macht sich demzufolge strafbar." Trotzdem erwäge das Unternehmen weitere Sicherheitsmaßnahmen. Infoscore hat die kritisierte Website mit der Mieterselbstauskunft vorerst abgeschaltet. (vbr)