Tricks für offene WLANs ohne Haftungsrisiko

Mit einer Änderung des Telemediengesetzes will die Bundesregierung für mehr frei zugängliche Hotspots sorgen. Reine Privatpersonen profitieren davon nicht – aber für sie gibt es vielleicht bald eine technische Lösung.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 20 Kommentare lesen
Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Sascha Mattke

Mit einer Änderung des Telemediengesetzes will die Bundesregierung für mehr frei zugängliche Hotspots sorgen. Reine Privatpersonen profitieren davon nicht – aber für sie gibt es vielleicht bald eine technische Lösung.

Es ist ein vertracktes Problem: Die Bürger wollen mobilen WLAN-Internetzugang ohne Registrierung und Authentifizierung, doch solche Angebote ermöglichen zugleich Missbrauch, beispielsweise das Verbreiten von urheberrechtlich geschützten oder gar verbotenen Inhalten. Das Thema hat es bis in den Koalitionsvertrag und die Digitale Agenda der schwarz-roten Bundesregierung geschafft, doch eine schnelle Lösung scheint nicht in Sicht. Damit besteht hier sozusagen das Gegenteil einer Gesetzeslücke – und eine ganze Reihe von kommerziellen Anbietern versucht, davon zu profitieren.

Wer in Deutschland digital gastfreundlich sein will, indem er sein WLAN nicht mit einem Passwort versieht, sollte gut aufpassen: Falls ein fremder Nutzer über das offene Funknetz Gesetzesverstöße begeht, muss dafür unter Umständen der Gastgeber einstehen. Diese so genannte „Störerhaftung“ gilt für Privatpersonen ebenso wie für zum Beispiel Cafe-Betreiber und ist laut dem Internet-Verband eco „weltweit nahezu einmalig“. Und sie hat zur Folge, dass Deutschland bei der Verfügbarkeit von offenen Hotspots im globalen Vergleich weit abgeschlagen ist: Auf jeweils 10.000 Einwohner kommen hierzulande nur 1,87 freie WLANs – weniger sind es nur in Japan, Russland und China.

Den Regierungsparteien ist diese Peinlichkeit nicht entgangen. Mitte März legte das Bundeswirtschaftsministerium einen Gesetzentwurf zur Änderung des Telemediengesetzes vor. Demnach werden Gastronomiebetriebe und andere Unternehmen, die Internetzugang als Nebenleistung anbieten, künftig von der Störerhaftung befreit – wenn sie „zumutbare Maßnahmen“ gegen Missbrauch ergreifen. Experten sehen darin keinen Freibrief, aber immerhin eine Klärung der Regeln für gewerbliche Hotspot-Anbieter. Reine Privatleute dagegen müssen ihre WLAN-Gäste namentlich kennen, um sich von der Haftung zu befreien.

„Der Gesetzentwurf ist gut für uns, aber schlecht für die Allgemeinheit, sagt Steffen Siewert von der Airfy GmbH aus Berlin, einem von mehreren großen und kleinen Unternehmen, die rechtssichere Hotspot-Lösungen für Gewerbetreibende vermarkten.

Das grundsätzliche Modell dabei ist meist identisch: Der Anbieter ist als Internetzugangsprovider registriert, und jeglicher Datenverkehr von WLAN-Gästen läuft über sein Netz. Mögliche Abmahnungen wegen Urheberrechtsverletzungen gehen deshalb nicht an den Hotspot-Betreiber, sondern an den Provider – der im Fall von WLAN-Hotspots meist keine Surfdaten erfasst und somit auch keine Auskünfte erteilen kann. „Manche Abmahnanwälte versuchen es trotzdem und werden es auch weiter versuchen, aber wir können unseren Kunden versprechen, dass wir uns um solche Angelegenheiten kümmern. Wir lesen die Gesetze sehr genau“, erklärt Siewert.

Wer das Airfy-Angebot als Gewerbetreibender nutzen will, muss für 99 Euro plus Mehrwertsteuer einen speziellen Router bestellen, der sich von selbst konfiguriert. Außerdem fallen pro Monat netto noch einmal 13 Euro für den Basisdienst an, bei dem Nutzern vor dem Surf-Start Werbung angezeigt wird, oder 25 Euro für die Variante ohne externe Werbung, bei der aber eigene Einblendungen des Hotspot-Anbieters möglich sind. Die Zahl der Kunden liegt laut Siewert bislang im mittleren vierstelligen Bereich.

Mit ähnlichen Modellen arbeiten Startup-Konkurrenten wie sorglosinternet, aber auch große Internet-Provider wie Kabel Deutschland. Die Deutsche Telekom kündigte erst auf der diesjährigen Cebit einen ähnlichen Dienst an und verwies dabei explizit auf das wegfallende Haftungsrisiko. Siewert freut sich über die neue Konkurrenz: „Mit dem Angebot sagt der größte Telekommunikationsanbieter Deutschlands, dass offenes WLAN wichtig ist. Und seine Kunden haben inzwischen die feste Angewohnheit, zu schauen, ob es solche Dienste nicht irgendwo billiger gibt“. Die Telekom verlangt für ihre Hotspot-Lösung ohne Haftungsrisiko 40 Euro pro Monat bei zwei Jahren Laufzeit.

Für Unternehmen gab es also schon vor der Gesetzesinitiative Rechtssicherheit, wenn auch nicht kostenlos. Was aber ist mit Privatleuten, die Freunden oder auch Passanten ihren Internetzugang zur Verfügung stellen wollen, ohne hohe Kosten oder Risiken auf sich zu nehmen? Für sie würde die Gesetzesänderung wegen der expliziten Verpflichtung, die Namen der Nutzer er erfassen, eher eine Verschärfung bedeuten. Von „unüberwindbaren Hürden für private Betreiber“ spricht in einer Stellungnahme der Verein Digitale Gesellschaft, der sich für eine komplette Abschaffung der Störerhaftung eingesetzt hatte.

Doch wenn der Gesetzgeber nicht hilft, dann vielleicht auch hier kommerzielle Anbieter. Airfy-Gründer Siewert jedenfalls verspricht bis spätestens Ende dieses Jahres ein an das bisherige Angebot angelehntes Hotspot-Produkt für Privatkunden, das in Kooperation mit Internet-Providern angeboten werden soll – im Prinzip ein spezieller Router, der laut Siewert zusätzlich mit kinderleichter Bedienung punkten wird. Die laufenden Kosten soll der Provider übernahmen, so dass der Dienst für den Endnutzer kostenlos wäre. Weitere Details will Siewert nicht verraten, aber immerhin so viel: „Die ersten Geräte werden schon gebaut“.

(sma)