Ölpest erreicht Gran Canaria

Aus dem Prestige-Tankerunglück hat Spanien nichts gelernt; Ölfladen erreichen nun auch ein Naturschutzgebiet und Urlaubshochburgen

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Die spanischen Behörden hatten erwartet, dass das Öl aus einem russischen Schiff auf das offene Meer hinaustreibt und nicht die Strände der Ferieninsel erreicht. Doch das war ein Trugschluss. Die Ölpest hat nun auch Strände der Urlaubshochburg Mogán erreicht. Dazu gehört eines der wenigen unbebauten Gebiete im Bereich Veneguera, ein Naturschutzgebiet im Netz "Natura 2000".

Schon zuvor erreichten Ölfladen Küstenabschnitte weiter im Südosten der Insel, wo Helfer versuchen verölte Tiere zu retten und die Gebiete zu reinigen. Auf See versuchen Spezialschiffe das Öl mit Barrieren zu sammeln und abzusaugen. Es stammt aus dem Fischtrawler Oleg Naydenov.

Das Schiff war in Brand geraten, doch statt es im Hafen von Las Palmas zu löschen, wurde es am 12. April als "Sicherheitsmaßnahme" in südöstlicher Richtung weggeschleppt. Das entschieden spanische Behörden, weil das Schiff angeblich im Hafen nicht gelöscht werden konnte. Doch als das Feuer am 13. erloschen war, wurde es nicht zurückgebracht, sondern plötzlich in südwestliche Richtung geschleppt, da man Fuerteventura immer näher kam. Danach sank es am folgenden Tag etwa 15 Seemeilen vor Maspalomas vor der südlichen Spitze Gran Canarias.

Klar ist, dass die mehr als 1.400 Tonnen Dieselöl aus mindestens drei Lecks im Tank auslaufen. Das wurde über einen Unterwasserroboter bestätigt. Die Behörden prüfen, ob sich die Lecks verschließen lassen. Sie hatten bisher gehofft, der Treibstoff werde sich angesichts der Kälte in der Tiefe des Atlantiks verfestigen. Die Oleg Naydenov liegt 2700 Meter unter dem Meeresspiegel auf Grund, was alle Arbeiten enorm verkompliziert.

Auch die Hoffnung, dass schon ausgelaufenes Öl weit hinaus aus Meer hinaustreiben würde und durch die vorherrschenden Strömungen vermutlich an Karibikstränden gelandet wäre, wurde enttäuscht. Auf dem Atlantik finden sich riesige Flecken über eine Länge von mehr 200 Kilometern, die sogar auf Satellitenbildern gut sichtbar sind. Die Strömungen sowie heftiger und drehender Wind haben längst Teile des Ölteppichs zurück zum Ausgangort getragen.

Der Kapitän Vitalis Patrakov, der wegen "Umweltverbrechen" vom Staatsanwalt Javier Ródenas, vernommen wurde, zeigte sich entsetzt über die Anschuldigungen. Er bezeichnete es als schweren Fehler, dass das brennende Schiff mit weggeschleppt wurde. Er kritisierte die Schifffahrtsbehörde, da weder er noch der Besitzer darüber informiert worden seien. Es ist damit einigermaßen erstaunlich, dass er für die Ölpest verantwortlich gemacht werden soll.

Entsetzt zeigen sich über das Desaster auch Umweltschützer, die kritisieren, dass die Behörden nicht über das wahre Ausmaß der Katastrophe aufklären würden. Es wurde sogar eine Flugverbotszone über dem gesunkenen Schiff eingerichtet. Greenpeace ist vor Ort und fordert einen verstärkten Einsatz, um die Konsequenzen so gering wie möglich zu halten. Der Greenpeace-Sprecher Julio Barea forderte, dass nun neben dem Ministerium für Infrastruktur das Umweltministerium eingebunden werden müsse, um „alle möglichen technischen Mittel und Personal“ zu aktivieren. Das verbliebene Öl müsse abgepumpt werden.

Die Organisation spricht von einer "komplizierten Lage, als direkte Konsequenz von Fehlern in der Entscheidungskette, nachdem das Schiff in Brand geriet“. Für Greenpeace ist klar, dass das Schlimmste den Kanarischen Inseln noch bevorstehe, das zeigten die von der Umweltschutzorganisation gemachten Luftaufnahmen vor Gran Canaria.

"Die Bilder sprechen für sich und was sie aussagen, verspricht nichts Gutes“, sagte Luis Ferreirim.
In spanischen Medien wird immer wieder auf die Parallelen mit der Ölpest hingewiesen, die der Tanker Prestige 2002 verursachte. Auch damals entschied die konservative Regierung, das vor der Küste Galiciens havarierte Schiff weit hinaus auf den Atlantik zu schleppen, statt in einen nahegelegenen Hafen, wo er schließlich zerbrach und versank.

Etwa 50.000 der 77.000 Tonnen eines giftigen Schweröls, das der Tanker geladen hatte, liefen aus und verteilten sich in der größten Umweltkatastrophe Spaniens weiträumig. Auch die Küsten von Portugal und Frankreich waren betroffen. Verantwortlich wurde auch dafür der Kapitän gemacht.

Angesichts der Vorgänge vor den Küsten Gran Canarias sehen sich auf den Kanaren viele in ihrer Ablehnung von Ölbohrungen vor den Kanarischen Inseln bestätigt. Zwar wurde stets versichert, dass die sicher seien, doch angesichts der Vorgänge um den Trawler Oleg Naydenov bezweifeln das viele.

Angesichts der Tatsache, dass der spanische Ölmulti ohnehin nur kleine Reserven gefunden hat, gab er die Suche zunächst auf. Der Jubel darüber war aber nur begrenzt, da die Genehmigung zur Suche nicht zurückgezogen wurde. Das müsse die Regierung tun, werden die Forderungen nun wieder lauter. Zudem müssten die Gebiete als Schutzzonen ausgewiesen werden, denn es handele sich um Gebiete, die zu den wertvollsten weltweit gehören, die schon durch Untersuchungen "schwer geschädigt" würden.