Erstmals Euroland wegen Defizitmanipulation bestraft

Mit Spanien muss erstmals ein Land eine Geldstrafe zahlen, weil dauerhaft Haushaltszahlen manipuliert wurden

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Am Donnerstag fiel die Entscheidung in Brüssel. Erstmals will die EU-Kommission ein Mitglied bestrafen, weil Defizitangaben manipuliert wurden, die an die europäische Statistikbehörde Eurostat gingen. Doch die Strafe von knapp 19 Millionen Euro ist nur symbolisch und muss noch von den EU-Finanzministern (Ecofin) bestätigt werden. Möglich gewesen wäre eine maximale Strafe von zwei Milliarden Euro. Die würde Spanien schwer belasten, denn es bekommt weiter sein Haushaltsdefizit nicht in den Griff.

Es lag 2014 mit 5,8% wieder weit über dem Stabilitätsziel (3%). Das Land hält nicht einmal Ziele ein, obwohl diese in Brüssel immer wieder für die konservative Regierung nach oben verschoben wurden. Eine hohe Strafe würde dazu führen, dass die Ziele auch 2015 noch weiter in die Ferne rücken würden, die ohnehin wegen hoher Ausgaben im Superwahljahr gerade ausgeweitet werden.

Geahndet werden sollen Fälschungen aber ohnehin nur in der Pleiteregion Valencia. Die dort regierende konservative Volkspartei (PP) hatte über mehr als zehn Jahre Kosten im Gesundheitswesen zum Teil vertuscht. Die EU spricht trotz allem nur von "schwerer Nachlässigkeit". Es erstaunte die Ermittler offensichtlich auch nicht, dass Rechnungen zum Teil drei Jahre nicht bezahlt wurden und in Schubladen lagen, womit das Defizit in vielen Regionen wie Valencia weiter aufgehübscht wurde. Erstaunlicherweise stellt die von Konservativen dominierte Kommission "keinen klaren Willen" zur Fälschung bei den Konservativen in Spanien fest, obwohl in Valencia von 1988 bis 2012 systematisch geschummelt wurde.

Ungeahndet bleibt auch, dass auch die Konservativen in Madrid für 2011 geschönte Daten lieferten. Wegen gefälschter Angaben beider Regionen musste Spanien sein Haushaltsdefizit 2011 um vier Milliarden nach oben korrigieren. Und diese Fälschung in Madrid bleibt völlig unbestraft, weil die Eurostat-Prüfer dort keine dauerhaften Manipulationen wie in Valencia feststellten. Allerdings fiel das gemeldete Defizit 2011 real doppelt so hoch aus als ursprünglich angegeben worden war. Insgesamt wurde von Eurostat das Defizit drei Mal für 2011 auf mehr als 9,4% nach oben korrigiert, weil massiv und nicht nur in den Regionen Madrid und Valencia geschummelt worden war. Doch nur dieser eine Fall wurde untersucht und soll nun mit der lächerlichen Summe bestraft werden.

Valencia will "unter keinen Umständen" die Strafe bezahlen. Sie soll Spanien bezahlen, schließlich sei das Königreich verurteilt worden, erklärte die Regionalregierung. Man habe nur getan, was auch Griechenland lange gemacht habe, fügte sie an. Genau deshalb wurden 2011 neue Vorschriften beschlossen. Deren lasche Anwendung in Brüssel schreckt aber sicher nicht ab. Auffällig ist auch, dass die Fälschungen in PP-Hochburgen auftauchten, die besonders auch im Rahmen der illegalen Finanzierung der Partei über massive Korruption und in anderen Skandalen auftauchen.

Für die Spanien regierende PP kommt die Strafe zur Unzeit. Im Land stehen am 24. Mai Kommunalwahlen und in Madrid und Valencia auch Regionalwahlen an. Neue Parteien wie Podemos streben an die Macht, welche die Institutionen von "Mafia-Strukturen" säubern wollen. Dazu kommen im Herbst Parlamentswahlen. Belastet wird die Zentralregierung unter Mariano Rajoy dadurch, dass sie sogar versuchte, die Eurostat-Ermittlungen durch eine Klage beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) zu verhindern, statt für Aufklärung zu sorgen. Sie hatte behauptet, es gäbe keine Beweise für die Fälschungen. Das stand natürlich im krassen Gegensatz dazu, dass Spanien die Defizitangaben revidierte. Am EuGH wurde das Verfahren bisher nicht eröffnet, da wohl auch die Richter in Luxemburg sie für aussichtslos halten.